Das Rentensystem steht auf sehr wackligen Beinen und bietet vielen Rentnern schon heute keinen auskömmlichen Lebensabend mehr. Doch was tun? Ginge es nach den Plänen der EU, wird das gesetzliche Renteneintrittsalter sukzessive auf 72 Jahre angehoben. Gesamtmetall-Chef Dr. Stefan Wolf sprach sich 2022 für die Rente mit 70 aus – und folgt damit dem Beispiel Japans. Weil die Bevölkerung immer älter wird, sollen Unternehmen Anreize für Arbeit im Alter schaffen.
Japaner sind einverstanden
Während man in Frankreich bereits aufgrund der Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre auf die Straße ging – in Deutschland wird es stufenweise auf 67 Jahren angehoben –, nimmt man den Vorschlag in Japan gelassen. Die älteste Bevölkerung der Welt nickt freundlich und bestätigt den Ansatz der Idee: Wer länger gesund ist, kann auch länger arbeiten.
Anderenfalls würde die Rente sinken
Letztlich bleibt vielen auch gar nichts anderes übrig, als zu arbeiten. Zehn Prozent der japanischen Bevölkerung sind über 80 Jahre alt, 30 Prozent mindestens 65 Jahre. Gingen jetzt alle in Rente – zumal das gesetzliche Rentenalter dem in Europa ähnelt – würde der Anteil der Arbeitnehmer spürbar abnehmen. Das wiederum schadet dem Wirtschaftswachstum und würde auf Dauer auch die Höhe der Rentenzahlungen beeinflussen.
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Viele wollen arbeiten bis zum Umfallen
Diese Gefahr hat man in Japan früh erkannt und schon 2021 erste Schritte eingeleitet und traf damit auf offene Ohren. Fast 75 Prozent der Japaner wollen ohnehin bis zum 70. Lebensjahr arbeiten. Diejenigen, die jetzt schon 60 Jahre alt sind, überlegen, so lange zu malochen, bis die Gesundheit nicht mehr mitspielt. Daher ist das „effektive Rentenalter“, also der Zeitpunkt, zu dem man tatsächlich die Arbeitssachen an den Nagel hängt, in Japan auch deutlich höher als in Europa und Deutschland.
Deutschland: zwei Jahre eher in Ruhestand
Hierzulande geht die Mehrheit der Arbeitnehmer zwei Jahre eher in den Ruhestand als vom Gesetzgeber geplant. Die damit verbundenen Abzüge bei der Rente nimmt man in Kauf. In Japan steht man hingegen fünf bis sieben Jahre länger in der Fabrik oder sitzt im Büro. Das liegt allerdings auch daran, dass die Renten in Japan niedriger sind und nur 32,4 Prozent des über den Lebenslauf erzielten mittleren Gehalts (Deutschland: im Schnitt 41,5 Prozent) umfassen.
Das Rentensystem schwächelt
Weil das Rentensystem schlichtweg nicht nachhaltig finanziert ist, dürften auf Dauer auch in Deutschland radikale Einschnitte drohen. Sechs Beitragszahler auf einen Rentner – das war 1962. 2021 waren es nur noch 2,1 Arbeitnehmer. Die einzig positive Entwicklung: Bis zum 73. Lebensjahr habe viele keine größeren gesundheitlichen Beschwerden.
Gesamtmetall-Chef: Wir müssen länger arbeiten
Diese Aussage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dürfte Wasser auf die Mühlen derer sein, die ein höheres Renteneintrittsalter fordern, so wie der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Dr. Stefan Wolf.
„Wir werden länger und mehr arbeiten müssen“,
hatte er Anfang August 2022 betont und dabei die demografische Entwicklung ins Feld geführt. Sie belaste die Sozial- und Rentenkassen.
„Dann sind die Reserven aufgebraucht“,
so Wolf.
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EU fordert Generationengerechtigkeit
Dieser Vorschlag wurde seinerzeit direkt abgelehnt, auch von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Der DGB sprach von einer „Rentenkürzung mit Ansage“. Dabei hatte die EU schon vor Jahren die Rentenpolitik aufgegriffen und eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit über 70 Jahre hinaus ins Spiel gebracht und von „Generationengerechtigkeit“ gesprochen. Mehr Rentner, weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter – das belaste die jüngeren Generationen doppelt. Eine wichtige Antwort darauf sei ein längeres Erwerbsleben. Japan hat die Kugel jetzt ins Rollen gebracht.
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