Ein menschenwürdiges Leben setzt ein Dach über dem Kopf voraus. Wenn es daran mangelt, hat die Armut die Oberhand gewonnen. Obdachlosigkeit ist nicht immer ein selbst gewähltes Schicksal. Oft ist es ein schleichender Prozess. Selbst, wenn man um Hilfe bittet, bleiben oft nur der Kellerschacht oder das Bett bei einem Freund. Davon betroffen sind auch ältere Menschen. Sie zählen zur Risikogruppe und stellen schon heute sechs Prozent derer, die keine Wohnung haben.
Bericht zur Obdach- und Wohnungslosigkeit
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 8. Dezember 2022 den ersten Bericht zur Obdach- und Wohnungslosigkeit veröffentlicht. Warum man sich nicht schon vorher intensiver mit dieser Problematik befasst hat, bleibt offen. Künftig möchte man alle zwei Jahre – gemäß Wohnungslosenberichterstattungsgesetz – Zahlen und Daten präsentieren. Dabei geht das Ministerium eher nüchtern vor, obwohl hinter jedem Schicksal ein Mensch steht.
262.600 Betroffene
Unterschieden wird zwischen obdachlosen und verdeckt obdachlosen Betroffenen. Obdachlos ist, wer auf der Straße lebt, verdeckt obdachlos sind jene, die keinen festen Wohnsitz haben, aber bei Bekannten oder in Notunterkünften unterkommen. Insgesamt waren es im vergangenen Jahr 262.600 Menschen, davon 38.500 verdeckt obdachlos. Es sind überwiegend Männer (63 Prozent), im Schnitt 44 Jahre alt und alleinstehend.
Sechs Prozent sind Rentner
Durchforstet man das Zahlenwerk, findet man eine Facette, die besonders nachdenklich stimmt: Sechs Prozent derer, die obdachlos und ohne Unterkunft leben, sind über 65 Jahre alt. Hinzu gesellen sich zwei Prozent verdeckt wohnungslose Personen im Rentenalter. Das ist ein Aspekt der Altersarmut, der in der aktuellen Debatte gar nicht erst erwähnt wird.
Hauptursache: Mietschulden
Der häufigste Grund, warum Menschen kein Dach mehr über dem Kopf haben, sind Mietschulden (47 Prozent). Nicht verschwiegen werden darf an dieser Stelle, dass es auch 47 Prozent sind, die gar nicht erst versucht haben, eine Lösung zu finden. Wenn um Unterstützung gebeten wurde, dann beim Jobcenter (38 Prozent), der Stadt (37 Prozent) oder einer Beratungsstelle (33 Prozent).
Situation für Ältere wird prekärer
Dass Mietschulden immer öfter in die Obdachlosigkeit führen, sehen die Malteser als Warnsignal. Die Hilfsorganisation schreibt:
„Gerade für viele ältere Menschen wird die finanzielle Lage zusehends prekärer: Immer mehr über 65-Jährige in Deutschland sind von Altersarmut bedroht – und gehören damit potenziell zur Risikogruppe für Obdachlosigkeit im Alter.“
Forderung: mehr sozialer Wohnungsbau
Die Malteser warnen davor, dass die Problematik von obdachlosen Rentnern in Zukunft verstärkt auftreten wird. Sie fordern daher eine einfachere Kommunikation mit den Ämtern, um Hemmungen abzubauen – gerade bei Senioren. Noch wichtiger aber sei bezahlbarer Wohnraum. Ein Ruf, der immer lauter wird. Die Industriegewerkschaft (IG) Bau mahnt ein Sondervermögen von 50 Milliarden für den sozialen Wohnungsbau an. Davon ist man aber weit entfernt und noch weiter von den selbst gesteckten Zielen am Wohnungsmarkt.
Bild: Dmytro Zinkevych/ shutterstock.com