Das Jobcenter darf nicht ohne die Einverständnis des Leistungsempfängers mit Dritten über dessen Hartz IV Bezug sprechen. Wie das Bundessozialgericht unter dem Az.: B 14 AS 65/11 entschied, räumen die datenschutzrechtlichen Vorschriften für das SGB II jedem Leistungsbezieher das Recht ein, dass die ihn betreffenden, persönlichen Sozialdaten nicht unbefugt erhoben, weiterverarbeitet oder anderweitig genutzt werden dürfen.
Im vorliegenden Streitfall kommunizierte das Jobcenter mit der Hausverwaltung (Vermieter) der Leistungsbezieher, ohne diese im Vorfeld in Kenntnis zu setzen oder das Einverständnis einzuholen.
Das klagende Ehepaar bewohnte zusammen mit ihren Kindern ein Haus im Landkreis Emmendingen, bevor das Mietverhältnis durch die Vermieterin gekündigt wurde. Beim Bezug einer neuen Wohnung beantragte das Paar beim zuständigen Jobcenter die darlehnsweise Übernahme der neuen Mietkaution, mit der Begründung, dass mit der Auszahlung der Mietkaution für die bisherige Wohnung aufgrund der sechsmonatigen Prüfungsfrist durch die Vermieterin nicht zu rechnen sei, womit auch die Fälligkeit der neuen Mietkaution überschritten wäre.
Das Amt lehnte die Übernahme der Mietkaution ab und wandte sich schriftlich mit dem Betreff „Leistungen nach dem SGB II im Mietverhältnis …“ unter Angabe des Namens und der bisherigen Adresse an die ehemalige Vermieterin, um die Höhe und den Auszahlungstermin der Mietsicherheit zu ermitteln. Zudem folgten auch mehrfach Telefonate zwischen Behörde und Vermieterin um den Stand der Dinge zu ermitteln. Ein Einverständnis zu dieser Anfrage unter Nennung der persönlichen Sozialdaten holte das Jobcenter bei den Hartz IV Empfängern im Vorfeld jedoch nicht ein.
Sozialdatenschutz durch Jobcenter verletzt
Die Klage richtete sich gegen die Ablehnung der Übernahme der Mietkaution. Gleichzteitig rügten die Leistungsbezieher, das Jobcenter hätte den Sozialdatenschutz verletzt. Erst mit die Kontaktaufnahme durch das Jobcenter hätte die ehemalige Vermieterin vom Hartz IV Bezug erfahren, womit die Kläger anschließend dem „Hohn und Spott“ der Familie der Vermieterin ausgesetzt seien.
Auf Antrag sollte das Sozialgericht Freiburg feststellen, ob das Amt mit seinem Verhalten unbefugt Sozialgehimnisse der Kläger offenbarte. Diesen Antrag lehnte das Sozialgericht ab und auch die Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg brachte keinen Erfolg für die Familie.
Im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht rügten die Kläger eine Verletzung von § 35 Abs. 1 SGB I und die Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Die Behörde hätte nicht im Wege der Amtsermittlung ohne vorherige Einverständnis der Leistungsempfänger Daten an Dritte weitergeben dürfen. Nach Ansicht der Kläger mangle es hier an einer Rechtsgrundlage, die eine vorgenommene Offenbarung der Sozialdaten legitimieren würde.
Bundessozialgericht: Jobcenter handelte rechtswidrig
Deutschlands höchste Sozialrichter urteilten, das Jobcenter hätte durch Schreiben sowie anschließende Telefonate mit der Vermieterin unbefugt Sozialgeheimnisse der Leistungsempfänger offenbart, indem die ehemalige Vermieterin über den Hartz IV Bezug in Kenntnis gesetzt wurde. Das BSG weist darauf hin, dass nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften für das SGB II jeder Anspruch auf die Wahrung der persönlichen Sozialdaten habe. Die unbefugte Anfrage kann das Jobcenter auch nicht damit legitimieren, dass die unbefugte Anfrage zur Erfüllung der eigenen Aufgaben erfolgte. Die schutzwürdigen Interessen der Kläger hätten in jedem Fall beachtet werden müssen, weshalb es bei der Weitergabe der Daten an Dritte zwingend einer vorherigen Kontaktaufnahme zwecks Einverständnis durch die Leistungsbeziehern bedurfte .
§ 35 SGB I Sozialgeheimnis
(1) Jeder hat Anspruch darauf, daß die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Abs. 1 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfaßt die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, daß die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, gemeinsame Servicestellen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Abs. 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Abs. 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.