Ein Energieversorger darf einem Hartz IV Leistungsempfänger trotz Stromschulden nicht einfach den Strom abstellen. So hat das Amtsgericht Kassel eine Stromsperre in einem Urteil vom 21. Januar 2016 aufgehoben.
Ein 36-jähriger Hartz IV Empfänger aus Kassel hatte insgesamt 84 Euro Schulden bei seinem Energieversorger, der ihm deshalb drei Mal den Strom kappte. Als auch am 23. November kein Strom floss, reichte es dem Leistungsempfänger. Er reichte beim Amtsgericht Kassel eine einstweilige Verfügung gegen den Stromanbieter ein.
Verletzung der körperlichen Unversehrtheit
Der Leistungsempfänger ist der Auffassung, dass der Staat die Stromkosten zu tragen hätte, wenn man selbst nicht dafür aufkommen könne. Und das selbst dann, wenn man das Geld vorher auf den Kopf gehauen hat, erklärt der 36-Jährige Darius S. weiter. Durch das Abschalten des Stroms sieht er zudem sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt, da es im besagtem Zeitrum sehr kalt war.
Stromschulden noch zu gering für Stromsperre
Das Amtsgericht Kassel stellte in der Verhandlung nun fest, dass die Höhe der Strom-Schulden des Hartz IV Empfängers noch nicht ausreicht, um die Stromversorgung zu stoppen. Laut dem bestehenden Grundversorgungsvertrag dürften die Städtischen Werke erst ab einem Zahlungsverzug von 100 Euro den Strom abschalten. Zwar hat der Leistungsempfänger beim gleichen Anbieter auch Gas-Schulden in Höhe von 100 Euro, diese dürfen nach Ansicht des Amtsgericht aber nicht mit der noch offenen Forderung von 84 Euro für Strom addiert werden.
Stromkunde kein unbeschriebenes Blatt
Der 36-jährige Darius S. ist für den Energieversorger kein unbeschriebenes Blatt. Laut eines Berichts der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine liegen gegen ihn Anzeigen wegen Sachbeschädigung, Entziehung elektrischer Energie und Urkundenvernichtung vor. Der Hartz IV Empfänger gibt auch offen zu, dass er sich am Verteilerkasten zu schaffen gemacht hat, um seine Wohnung wieder mit Strom zu versorgen. Dabei hat er nach Aussage der Städtischen Werke u.a. die Sperrkappen am Zähler herausgebrochen und das Sperrsiegel beseitigt.
Für den Energieversorger ist die Angelegenheit auch noch nicht abgeschlossen. Nun wird sich das Landgericht Kassel der Sache annehmen dürfen, denn „Wir setzen auf ein Grundsatzurteil“, so Ingo Pijanka, Pressesprecher der Städtischen Werke.