In Anbetracht der Tatsache, dass viele Berliner Eltern nicht das Geld für das Schulessen ihrer Kinder bezahlen, fordert Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU), zahlungsunwilligen Leistungsbeziehern den Hartz IV Anspruch zu kürzen.
Mittagessen für einen Euro pro Tag
Berliner Eltern bezahlen 37 Euro pro Monat, damit ihre Kinder am Schulessen teilnehmen können. Wer Arbeitslosengeld II bezieht, muss dafür nur einen Euro am Tag ausgeben. Eine Abfrage in Neuköllner Schulen förderte nun zutage, dass der Caterer bei oft zehn Prozent der Schüler die Teilnahme am Essen gesperrt hat. Die Gründe: Angelaufene Zahlungsrückstände oder mittlerweile ungültige Verträge. Wie die BZ berichtet, dürfen von 4.920 Schülern der gebundenen Ganztagsgrundschulen in Neukölln 206 leistungsberechtigte Kinder nicht am Schulessen teilnehmen. Um eines deutlich zu machen: Nicht nur die Kinder von Arbeitslosen müssen vielfach auf ihr Schulessen verzichten, auch die Zahl der nicht leistungsberechtigten Kinder, die vom Caterer gesperrt wurden, ist mit 352 erschreckend hoch.
Keine Frage von Arm oder Reich
Wie Liecke der BZ sagt, sei ein Euro pro Tag für das Essen der eigenen Kinder keine Frage von Arm oder Reich – sondern von Verantwortung. Wenn Eltern dazu nicht in der Lage seien, müsse der Staat eingreifen, da die Kinder nicht unter den Fehlern ihrer Eltern leiden sollten. Der Jugendstadtrat wolle allerdings nicht, dass der Steuerzahler dafür einspringe: „Eltern, die den Eigenanteil von einem Euro pro Tag nicht leisten, müssen in Vorkasse gehen oder der Anteil wird direkt von den Sozialleistungen abgezogen.“ Diesen Vorschlag müsste Berlin per Bundesrats-Initiative durchsetzen.
Umfangreichere Härtefallregelungen
Die SPD verfolgt in ihrem Wahlprogramm andere Pläne: Um Mittagessen für alle Kinder in Schulen und Kitas gewährleisten zu können, will die Partei umfangreichere Härtefallregelungen durchsetzen. Wie die BZ anführt, seien solche Gelder in den Berliner Bezirken bisher sehr unterschiedlich beansprucht worden: in Berlin Mitte 2.896 Euro in einem Jahr – in Neukölln hingegen 25.576 Euro. Die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) rechtfertigt ihren Plan damit, dass es ihr ums Kind gehe. Sie fände es wichtig, dass den Kindern der Weg geebnet werde, damit sie sich konzentrieren können und auch das Gemeinschaftserlebnis des Essens haben. Liecke argumentiert dagegen und bringt vor, dass genau diese Vollversorgungsmentalität zur erlernten Hilflosigkeit bei Familien führe.