Deutschlands höchstes Sozialgericht hat entschieden, dass das Jobcenter bei Bürgergeld Hilfebedürftigen (damals noch Hartz IV) die Kosten einer Brillenreparatur übernehmen muss. Das Jobcenter ist fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Betroffene eine solche Reparatur aus dem Regelsatz bezahlen müssen.
Im vorliegenden Fall stand ein 1960 geborener Mann im laufenden Bezug und legte im Juni 2014 dem Jobcenter eine Rechnung über die Reparatur für seine Brille zur Übernahme vor. Insgesamt belief sich die Rechnung auf 110 Euro für das linke Brillenglas sowie dessen Einarbeitung. Für die Entspiegelung sind in diesem Betrag 44 Euro enthalten. Der Antrag auf Kostenübernahme wurde vom Jobcenter abgelehnt mit der Begründung, dass eine Reparatur der Brille keinen unabweisbaren Bedarf darstelle und der Hilfebedürftige diese Kosten selbst aus dem Regelsatz tragen müsse.
Nachdem der Mann vor Gericht gegangen ist, erhielt er in den ersten beiden Instanzen vor dem Sozialgericht Oldenburg (Az.: S 39 AS 1439/14 vom 02.02.2015) sowie dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG Az.: L 13 AS 92/15 vom 14.12.2016) teilweise Recht. Insgesamt müsse das Jobcenter nach Ansicht des Gerichts 66 Euro nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II als Sonderbedarf an den Bürgergeld Empfänger erstatten, da es sich bei der Brille um ein therapeutisches Gerät handle. Für die Entspiegelung seien jedoch keine medizinischen Gründe ersichtlich, daher wurde die Kostenübernahme dafür in Höhe von 44 Euro vom Gericht abgewiesen.
Brillenreparatur ist Sonderbedarf
Gegen die Entscheidung des Landessozialgerichts ging das Jobcenter in Revision und zog vor das Bundessozialgericht. Aber die Kassler Richter wiesen diese zurück und entschieden wie bereits die Vorinstanzen, dass eine Brillenreparatur nicht aus dem Bürgergeld Regelsatz bezahlt werden müsse und der Kläger einen Erstattungsanspruch als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II habe.
Therapeutische Geräte nicht im Regelsatz enthalten
Hintergrund sei, dass der Sonderbedarf die Ausgaben abdecke, die bei der Ermittlung des Bürgergeld Regelsatzes nicht berücksichtigt wurden. Für „Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen“ sei bei der Ermittlung des Bürgergeld Regelsatzes nach dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) und der zugrunde liegenden Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) kein Posten vorgesehen, so dass diese Kosten über den Sonderbedarf vom Jobcenter zusätzlich übernommen werden müssen.
Bundessozialgericht vom 25.10.2017 – Az.: B 14 AS 4/17 R