Wer Bürgergeld bezieht, kann grundsätzlich mit einer Übernahme der Nebenkosten durch das Jobcenter rechnen. Doch was passiert, wenn die monatlichen Vorauszahlungen nicht ausreichen und sich aus der Nebenkostenabrechnung eine Nachzahlung ergibt? Hier erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen das Jobcenter die Nebenkostennachzahlung für die Wohnung übernimmt und was zu beachten ist.
Inhaltsverzeichnis
Voraussetzungen für Kostenübernahme durch Jobcenter
Zu den übernahmefähigen Kosten für Unterkunft und Heizung gehören auch Nachzahlungen aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung. Das Jobcenter muss die Nebenkostennachzahlung übernehmen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Mieter muss beim Erhalt der Nebenkostenabrechnung hilfebedürftig sein. Achtung: Auch eine Nebenkostennachzahlung allein kann zur Hilfebedürftigkeit führen.
- Der Bürgergeld Empfänger ist sparsam mit seinem Verbrauch umgegangen.
- Der Mieter bewohnt weiterhin die Wohnung, für die die Nachzahlung fällig ist.
- Ausnahme: Der Mieter ist im Rahmen einer Kostensenkungsaufforderung umgezogen, oder das Jobcenter hat den Umzug in eine neue Wohnung genehmigt, während der Mieter weiterhin Bürgergeld bezieht.
Wichtig: Wenn das Jobcenter bereits die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung bezahlt, muss es nicht für die Zahlung der Nebenkostennachforderung aufkommen, weil dann davon ausgegangen werden kann, dass der Bedürftige NICHT sparsam mit seinem Verbrauch umgegangen ist.
Antrag auf Übernahme der Nebenkostennachzahlung
Erhält der Mieter eine Nebenkostennachzahlung vom Vermieter, kann ein Antrag auf Übernahme beim Jobcenter gestellt werden. Viele Jobcenter bieten hierfür ein Antragsformular an, das online heruntergeladen oder direkt beim Jobcenter angefordert werden kann. Der Antrag muss vollständig ausgefüllt und zusammen mit der Nebenkostenabrechnung eingereicht werden. Falls das Jobcenter keinen Vordruck bereitstellt, kann die Nebenkostenabrechnung auch mit einem formlosen, selbst verfassten Schreiben eingereicht werden. Hier ein Muster als Vorlage:
Es gibt keine bestimmte Frist, bis wann der Antrag auf Kostenübernahme spätestens beim Jobcenter eingehen muss. Laut Bundessozialgericht darf das Jobcenter die Zahlung der Nebenkostennachzahlung nicht aufgrund etwaiger verspäteter Antragstellung ablehnen (B 4 AS 62/09 R vom 22.03.2010). Um Ärger mit dem Vermieter zu vermeiden ist es jedoch ratsam, die Abrechnung zügig beim Jobcenter einzureichen, damit das JC die Summe schnell an den Vermieter auszahlen kann.
Sollte die Nebenkosten über dem angemessenen Bedarf liegen, ist es sinnvoll, mögliche Gründe dafür bereits beim Einreichen der Betriebskostenabrechnung anzugeben. Das vermeidet Rückfragen des Jobcenters und beschleunigt die Bearbeitung.
Der Vermieter kann die Nebenkostenabrechnung auch direkt beim zuständigen Jobcenter einreichen. In diesem Fall sollte eine Bestätigung des Mieters beigelegt werden, um dem Jobcenter zu zeigen, dass der Mieter die Nachzahlung anerkennt und mit einer Zahlung der Kosten einverstanden ist.
Angemessenheitsprüfung der Nebenkostenabrechnung
Das Jobcenter prüft jede Nebenkostenabrechnung genau, um festzustellen, ob der Verbrauch angemessen ist. Bei unverändertem Verbrauch aber gestiegenen Kosten kann es sein, dass der Vermieter die Gründe für die Kostensteigerung erläutern muss.
Sind die Nebenkosten insgesamt angemessen, ist das Jobcenter zur Übernahme der Nachzahlung aus der Abrechnung verpflichtet. Beim erstmaligen Überschreiten der Angemessenheitsgrenze muss das Jobcenter die Nebenkostennachzahlung auch übernehmen, wird den Mieter aber auffordern, die Nebenkosten künftig zu senken.
Sollte bereits in der Vergangenheit eine Aufforderung zur Kostensenkung ergangen sein und der Zeitraum der Nebenkostenabrechnung in den Zeitraum der Kostensenkungsaufforderung fällt, wird das Jobcenter die Nachzahlung der Nebenkosten nur für den Zeitraum übernehmen, in dem noch keine Kostensenkung aufgelegt wurde.
Beispiel: Ein Mieter erhält im Mai 2023 eine Aufforderung zur Kostensenkung vom Jobcenter. Die Nebenkostenabrechnung für 2023, die ihm im Mai 2024 zugeht, enthält eine Nachzahlung. Das Jobcenter übernimmt die Kosten nur anteilig für die Monate Januar bis Mai 2023 (5/12), da ab Juni 2023 die Kostensenkungsaufforderung galt. Für die restlichen Monate (7/12) muss der Mieter selbst aufkommen, da er der Aufforderung nicht ausreichend nachgekommen ist.
Jobcenter übernimmt Nachzahlung nicht
Werden die Voraussetzungen für die Kostenübernahme nicht erfüllt, etwa weil der Mieter verschwenderisch mit seinem Verbrauch umgegangen oder einer Kostensenkungsaufforderung nicht nachgekommen ist, übernimmt das Jobcenter die Nebenkostennachzahlung nicht oder nur teilweise. In solchen Fällen muss der Mieter die Nachzahlung selbst übernehmen. Während kleine Beträge noch tragbar sein könnten, kann eine hohe Nachzahlung eine finanzielle Herausforderung darstellen, sodass ein Darlehen vom Jobcenter nötig wird.
Darlehen im Notfall
Sobald die Gefahr besteht, dass der Mieter seine Wohnung verlieren könnte, weil er die Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung nicht leisten kann, besteht die Möglichkeit, ein zinsfreies Darlehen vom Jobcenter zu erhalten. Das Jobcenter gewährt die Summe der Nebenkostennachzahlung in diesem Fall als Darlehen, welches vom Hilfebedürftigen zurückgezahlt werden muss – das Jobcenter wird monatlich 5 Prozent des Regelsatzes einbehalten, bis das Darlehen vollständig getilgt ist.
Nebenkostennachzahlung für alte Wohnung
Für die Übernahme der Nebenkostennachzahlung durch das Jobcenter ist es essentiell, dass der Hilfebedürftige weiterhin in der Wohnung lebt, für die die Nachzahlung fällig ist. Dies liegt daran, dass das Jobcenter den Mieter davor schützen soll, aufgrund einer offenen Nachzahlung die Wohnung zu verlieren.
Es gibt Ausnahmen: Wenn der Umzug aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters erfolgte oder das Jobcenter den Umzug in eine neue Wohnung genehmigt hat und der Mieter ununterbrochen im Leistungsbezug stand, übernimmt das Jobcenter auch die Nebenkostennachzahlung für die alte Wohnung (BSG v. 30.03.17 – B 14 AS 13/16 R).
Veränderung des Leistungsbezugs
Früher Bürgergeld – Jetzt nicht mehr
Die Übernahme der Nebenkostennachzahlung durch das Jobcenter hängt maßgeblich davon ab, ob der Mieter zum Zeitpunkt des Erhalts der Nebenkostenabrechnung hilfebedürftig ist. Sollte der Mieter nicht mehr hilfebedürftig sein, übernimmt das Jobcenter die Nachzahlung nicht, selbst wenn der Abrechnungszeitraum in eine Zeit fällt, in der er noch Bürgergeld oder Hartz IV bezogen hat. Das bedeutet, dass das Jobcenter nicht für Forderungen aufkommt, die nach Beendigung des Leistungsbezugs entstehen, auch wenn sie sich auf eine Zeit beziehen, in der der Mieter noch hilfebedürftig war (Sozialgericht Mainz, Az. S 10 AS 200/12 ER).
Beispiel: Ein Mieter erhält im April 2024 die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2023. Zu diesem Zeitpunkt bezieht er jedoch kein Bürgergeld mehr, da sein Leistungsbezug im Februar 2024 endete. Obwohl die Abrechnung das Jahr 2023 betrifft, in dem er hilfebedürftig war, ist das Jobcenter nicht verpflichtet, die Nachzahlung zu übernehmen, da der Mieter bei Erhalt der Abrechnung nicht mehr im Leistungsbezug steht.
Früher kein Bürgergeld – Jetzt schon
Umgekehrt gilt: Sollte der Mieter während des Abrechnungszeitraums selbst nicht hilfebedürftig gewesen sein, jedoch zum Zeitpunkt des Erhalts der Nebenkostenabrechnung auf Bürgergeld angewiesen ein, wird die Nebenkostennachzahlung dennoch vom Jobcenter übernommen, sofern er weiterhin in der Wohnung lebt, für die die Nachzahlung fällig ist. In diesem Fall zählt die Nebenkostennachzahlung zu den übernahmefähigen Kosten für Unterkunft und Heizung, auch wenn der Mieter im Abrechnungsjahr selbst noch keine Leistungen bezogen hat (BSG Urteil B 14 AS 121/10 R vom 24.11.2011).
Beispiel: Ein Mieter war im Jahr 2023 nicht hilfebedürftig, beginnt jedoch im März 2024 Bürgergeld zu beziehen. Im Mai 2024 erhält er die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2023, die eine Nachzahlung enthält. Da er zum Zeitpunkt des Erhalts der Abrechnung hilfebedürftig ist und weiterhin in der Wohnung lebt, für die die Nachzahlung fällig ist, übernimmt das Jobcenter die Nachzahlung, auch wenn er im Abrechnungsjahr selbst nicht hilfebedürftig war.
Frist für die Nebenkostenabrechnung
Der Vermieter ist verpflichtet, die Nebenkostenabrechnung innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums auszuhändigen. Verstreicht diese Frist, ist der Mieter nicht mehr zur Nachzahlung verpflichtet und das Jobcenter übernimmt die Kosten ebenfalls nicht. Bei einem Abrechnungszeitraum vom 01.01. bis 31.12. muss die Nebenkostenabrechnung für 2023 dem Mieter also spätestens bis zum 31.12.2024 vorliegen. Geschieht dies nicht, erlischt der Anspruch des Vermieters auf eine Nachzahlung, da die Frist verstrichen ist.
Ausführliche Informationen zur Nebenkostenabrechnung und Fristen finden Sie auf der Seite mietrecht.de unter Nebenkostenabrechnung.
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