Der Ärger war vorprogrammiert und weitet sich langsam in einen handfesten Streit aus: Dass die bayerische Landesregierung ein Familiengeld zahlt, das auch Hartz-IV-Empfängern zugutekommen soll, passt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gar nicht ins Konzept (wir berichteten). Davon lässt man sich in Bayern jedoch nicht beirren und wird ab dem 1. September loslegen. Trotz aller Warnungen aus Berlin, dass man mit dem Familiengeld gegen bundesrechtliche Regelungen verstoße.
Berlin verbietet Familiengeld für Hartz-IV-Empfänger
Der Ton im Streit um das Familiengeld wird schärfer. Doch statt sich an den runden Tisch zu setzen, werden Briefe geschrieben. Leonie Gebers, Staatssekretärin von Hubertus Heil, reagierte jetzt auf die Jobcenter-Anordnung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, das Familiengeld auch an Hartz-IV-Empfänger zu zahlen. „Diese Weisung verstößt gegen geltendes Recht“, so Gebers. Die bundesrechtlichen Regelungen hätten stets Vorrang.
Die Forderung aus Berlin lautet daher, die Weisung an die Jobcenter rückgängig zu machen. „Für den Fall, dass die Weisung dennoch vollzogen wird, behält sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales rechtliche Schritte vor“, heißt es im Schreiben. Markus Söder dürfte sich davon wenig beeindruckt zeigen, wenngleich er – so das Bundesarbeitsministerium – eine „Situation der Rechtsunsicherheit“ erzeuge. Die Probleme bekommen dann eben die betroffenen Hartz-IV-Empfänger. Ihnen drohen Rückforderungen.
Rechtsstreit zulasten Leistungsberechtigter
Da niemand auch nur einen Deut von seiner Meinung abweichen will, könnte es zum Knall kommen. Bayern beharrt darauf, dass sich Berlin „im Sinne der sozial schwachen Familien […] der Rechtsauffassung des Freistaats Bayern anschließt“. Berlin wiederum warnt, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen „auf dem Rücken von Leistungsberechtigten und ihren Familien“ auszutragen.
Auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, scheint kaum möglich zu sein. Das wirft die Frage auf: Was halten Hartz IV Familien von dem Gezeter? Der Bayerische Rundfunk hat mit einer alleinerziehenden Mutter gesprochen. Deren Antwort spricht Bände: „Die Entscheidung des Familiengelds kam plötzlich für mich, jetzt wird´s vielleicht doch angerechnet, das Hin und Her macht einen unsicher und ich muss planen können. Ich habe Verantwortung als alleinerziehende Mutter und kann nicht mit Zahlen jonglieren. Ich kann nicht auf was bauen, was ich nicht hab‘.“
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