Die Hartz-IV-Debatte hat viele Reaktionen ausgelöst. Sie reichen von „weg damit“ bis „denen es geht noch viel zu gut“. Dabei werden auch immer wieder die Sanktionen angesprochen. Doch was bewirken die Strafen und generell die Androhung von Konsequenzen überhaupt? Diese Fragen wissenschaftlich zu untersuchen, hat sich der Verein Sanktionsfrei zur Aufgabe gemacht. Dafür wird 250 Hartz-IV-Empfängern im Rahmen einer Studie drei Jahre lang der Sanktionsdruck genommen.
Hartz IV plus Vertrauen = HartzPlus
Insgesamt werden 500 Leistungsempfänger – Bewerbungen sind noch möglich – an der Studie namens „HartzPlus“ teilnehmen. HartzPlus steht für Hartz IV plus Vertrauen. 250 Personen erhalten im Fall von Sanktionen einen finanziellen Ausgleich. Die andere Testgruppe (es entscheidet das Los) lebt wie bisher mit allen Auswirkungen, die mögliche Strafen haben können. Helena Steinhaus, die Geschäftsführerin von Sanktionsfrei, erklärt: „Wir denken, dass Misstrauen demütigt und keine positiven Effekte hat. Der Druck muss weg.“
Denn letztlich gilt: Das Arbeitslosengeld II in Höhe von 416 Euro muss ein Leben gewährleisten, das „der Würde des Menschen entspricht“. Werden Sanktionen ausgesprochen, immerhin knapp eine Million Mal jährlich, erhält nicht nur das Portemonnaie, sondern auch die Würde tiefe Kratzer. Dieser existenziellen Bedrohung stellt der Verein seine durch Spenden finanzierte Hilfe entgegen. Mit an Bord sind übrigens auch Förderer aus der Wirtschaft. Nur so reicht das Finanzpolster, um Kürzungen auszugleichen.
Keine Angst mehr vorm Jobcenter
Die Untersuchung, die von Professor Rainer Wieland, Wirtschaftspsychologe an der Schumpter School of Business and Economics der Universität Wuppertal und seinem Team begleitet wird, beginnt im Februar 2019. Einige Fragen, auf die man sich eine fundierte Antwort erhofft: Hören Hartz-IV-Empfänger auf, sich um einen Job zu bemühen, wenn sie keinen Druck mehr haben? Sorgt das bedingungslose Grundeinkommen in Höhe des Regelsatzes dafür, dass Leistungsempfänger körperlich und psychisch gesünder sind?
Gerade die letzte Frage dürfte von größtem Interesse sein. Professor Wieland geht nach seinem jetzigen Kenntnisstand von aus: „Unsicherheit macht Menschen krank und handlungsunfähig.“ Ob dem so ist, wird sich zeigen. Ziel ist es, bis zur Bundestagswahl, wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zu haben.
Ein erster kleinerer Test mit 25 Teilnehmern hatte bereits äußerst positive Auswirkungen. Die Menschen machten sich weniger Sorgen, und ganz wichtig: „Wir hören häufiger, dass Menschen sagen, sie können ruhiger schlafen“, so Helena Steinhaus. Von den 20.000 Euro, die für den Ausgleich der Sanktionen vorgesehen waren – maximal 200 Euro pro Monat – wurde übrigens nur ein Bruchteil in Anspruch genommen.
Für die Studie bewerben
Wer an der Studie teilnehmen möchte, findet hier alle weiteren Informationen und ein Formular: https://hartz-plus.de/ Die Teilnehmer verpflichten sich, vierteljährlich einen anonymen Fragebogen auszufüllen.
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