Nur 16,11 Euro sind monatlich im Hartz IV Regelsatz für Gesundheitspflege vorgesehen. Davon müssen Arztbesuche, Zahnpasta, Medikamente und spezielle Hygieneprodukte wie Tampons und Binden bezahlt werden. Eigentlich ungerecht, denn insbesondere die Ausgaben für letztere Artikel benachteiligen Frauen und junge Mädchen finanziell gegenüber Männern. Wasserburg hat das Problem erkannt und stellt auf Antrag der Linken die speziellen Hygieneartikel für Frauen in öffentlichen Gebäuden nun kostenlos zur Verfügung.
Regelsatz für Gesundheitspflege nicht ausreichend
Laut Sophia Jokisch, Stadträtin der Linken Wasserburg, verbrauchen Frauen in ihrem Leben etwa 11.000 Hygieneartikel. Die Kosten dafür belaufen sich schätzungsweise auf 500 Euro jährlich. Auf ein Jahr hochgerechnet, steht einer Leistungsempfängerin jedoch nur 200 Euro für die „Gesundheitspflege“ zur Verfügung. Abgesehen davon, dass von diesem Geld auch Arztbesuche und Medikamente gezahlt werden müssen, reicht der Betrag Vorne und Hinten nicht. Viele Familien können die Mehrkosten schlichtweg nicht tragen.
Wasserburg will, als erste Kommune Deutschlandweit, Abhilfe in dieser Thematik schaffen. Auf Antrag der Linken gibt es ab sofort für alle testweise kostenlose Tampons und Binden auf den öffentlichen Toiletten der Mittelschule und dem Rathaus. „Durch die kostenfreie Abgabe von Damenhygieneartikel drehen wir als Kommune an einer Stellschraube, die Frauen unabhängig ihrer sozialen oder kulturellen Lage bei einem gesunden Umgang mit ihrem Körper unterstützt“, erklärt Stadträtin Sophia Jokisch.
Projekt zur „Geschlechtergerechtigkeit“
Tampons und Binden sollten nicht als Luxusartikel gehandelt werden. Eine Besteuerung von 19 Prozent auf spezielle Damenartikel, stelle eine klare Benachteiligung von Frauen dar, erklärt Jokisch. Übrigens: In Schottland sind kostenlose Damenartikel bereits Gang und Gebe.
Einer der Initiatoren des Wasserburgers Projekts, Christian Peiker (Vorsitzender der Linken Liste Wasserburg) erklärt: „Aktuell führen wir im Land viele Debatten darüber, wie Geschlechtergerechtigkeit in Sprache, Arbeit und Gehalt, Karrierechancen etc. Form annehmen kann, doch vergessen wir oft die alltäglichen Dinge wie eben zum Beispiel die Hygiene. Eines dieser Probleme wird hiermit in Wasserburg aktiv angegangen und deswegen freut es mich besonders, dass der Haupt und Finanzausschuss einstimmig ein zukunftsorientiertes und vorbildliches Projekt in Sachen Geschlechtergerechtigkeit beschloss.“
Ob das Projekt dauerhaft bestehen bleibt oder eine Ausweitung auf andere Städte geplant ist, ist nicht bekannt.
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