Der Vorwurf gegen die Bundesagentur für Arbeit (BA) wiegt schwer: Sie soll allein in Sachsen fast 50.000 Hartz IV Bezieher verschwiegen haben. Die Leistungsempfänger tauchen nirgends in der Statistik auf. Linken-Politikerin Sabine Zimmermann fordert daher transparentere Zahlen. Die BA weist die Kritik von sich.
111.907 Hartz IV Empfänger in Sachsen
Der Freistaat Sachsen zählte im Juni 2019 insgesamt 111.907 Arbeitslose. Die Unterbeschäftigung lag bei 161.625. „Somit wurden 49.718 Menschen nicht als arbeitslos gezählt, obwohl sie es eigentlich faktisch waren“, so Sabine Zimmermann. In der Statistik fehlen zum Beispiel jene, die an einer Weiterbildung teilnehmen.
Für die Linken-Politikerin steht daher fest: „Die Bundesregierung rechnet sich die Zahlen schön.“ Die Arbeitslosenstatistik sei längst keine objektive unabhängige Größe mehr, sondern eine politisch bestimmte Zählweise. „Wir brauchen endlich eine transparente Statistik, die für jeden nachvollziehbar ist“, betont Zimmermann.
Per Definition nicht arbeitslos
Die sächsische Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit wiegelt ab. Wer an Maßnahmen teilnehme und dem Arbeitsmarkt somit nicht zur Verfügung stehe, werde als unterbeschäftigt erfasst, sei per gesetzlicher Definition aber nicht arbeitslos. Das betreffe neben Praktika auch Schulungen und Weiterbildungen sowie kranke Personen.
Seit Einführung von Hartz IV, erklärt Pressesprecher Frank Vollgold, habe die Bundesrepublik eine transparentere Arbeitslosenstatistik als andere EU-Länder. „Dennoch bilden die Arbeitslosenzahlen das Problem der sogenannten Unterbeschäftigung nur teilweise ab. Hinzuzurechnen ist die stille Reserve“, sagt er. Zur stillen Reserve, in Sachsen rund 55.000 Personen, gehören jene, die arbeiten wollen, sich aber nicht arbeitslos melden. Einige von ihnen hätten schlichtweg die Hoffnung aufgegeben, andere bestritten ihren Lebensunterhalt anderweitig. Darauf würden die monatlichen Statistiken hinweisen.
Schnelle statistische Erfolge
Sabine Zimmermann sieht ihre Vorwürfe damit nicht widerlegt. Sie spricht nach wie vor von einer „künstlichen Beschönigung der Zahlen“. Sie moniert unter anderem, dass Hartz IV Empfänger ab 58 Jahren, wenn sie länger kein Angebot erhalten haben, nicht mehr als arbeitslos gelten. „Das schafft Anreize zur Nichtförderung dieser Personengruppe“, so Zimmermann. Sie pocht auf eine nachhaltige Förderung Erwerbsloser. „Dazu gehört als Grundlage auch eine Arbeitslosenstatistik, die das wahre Ausmaß des Problems korrekt abbildet.“
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