Seit seiner Veröffentlichung steht der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Berechnung der Hartz IV Regelsätze unter Dauer-Beschuss. Nun reiht sich auch der Paritätische Wohlfahrtsverband in die Riege der Kritiker ein.
Fadenscheinig: Ermittlungsverfahren des Regelsatzes
Für die Ermittlung des Regelbedarfs bei Hartz IV dienen laut Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) sowohl die Preisentwicklung für regelbedarfsrelevante Güter als auch Einkommens- und Verbrauchsstichproben als Berechnungsgrundlage. Nachdem kürzlich der Referentenentwurf des BMAS zur Ermittlung des Regelbedarfs für das Jahr 2021 veröffentlicht wurde, stehen diese Berechnungsmethoden in der Kritik. Neben Stimmen aus Politik, wie der Linken, die das Verfahren jüngst „Politikverweigerung“ nannten, meldet sich nun auch der Paritätische Wohlfahrtsverband zu Wort.
600 Euro statt 439 Euro
Der Verband wirft der Regierung in diesem Zusammenhang „unverschämtes Kleinrechnen“ der Regelsätze vor. Besonders das „intransparente“ Statistikmodell des BMAS ist dem Verband dabei ein Dorn im Auge:
„Was wir bei der Berechnung der Regelsätze erleben ist keine Statistik, sondern ihr Missbrauch. Allein wenn die Bundesregierung das von ihr selbst gewählte Statistikmodell konsequent und methodisch sauber anwenden würde, müsste der Regelsatz nicht bei 439 Euro, sondern bei über 600 Euro liegen“, so Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen in einer Stellungnahme.
7,66 Euro monatlich für Windeln: „Realitätsfern“
Auch Sicht des Paritätischen sei eine Bestimmung des Regelsatzes auf diese Weise zudem nicht repräsentativ für den tatsächlichen Bedarf von Hartz IV Empfängern. Die als Berechnungsgrundlage herangezogenen Verbrauchsstichproben stellen die Ausgaben der ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung dar. Die niedrigen Ausgaben dieser Referenzgruppe könnten also genauso gut Ergebnis des eingeschränkten Budgets und demnach für eine bedarfsorientierte Ermittlung des Regelsatzes völlig ungeeignet sein. Aus diesem Grund müssten diese Verbrauchsausgaben dringend angehoben werden:
„Wenn etwa für die gesamten Hygienebedarfe von Babys und Kleinkindern, inklusive etwa Windeln, in einem Monat lediglich 7,66 Euro zugestanden werden, ist das offensichtlich realitätsfern und bedarf einer Anpassung nach oben.“
Info: Für größere Haushaltsgegenstände (Kühlschrank, Waschmaschine, etc.) setzt der Entwurf des BMAS weniger als 2 Euro monatlich an.
„Trauerspiel“: Regierung hat nichts für Hartz IV Empfänger übrig
Für Ulrich Schneider sei das fadenscheinige Verfahren zur Ermittlung des Regelbedarfes Beleg dafür, dass die Bundesregierung wenig für die finanzschwachen Bürger und Bürgerinnen der Bundesrepublik übrig hat: „Es ist ein Trauerspiel und für die Betroffenen einfach nur bitter“.
Titelbild: Dmitry Kalinovsky/ shutterstock.com