Sorgenfrei in den Ruhestand: Für Hartz IV Bedürftige ist das kaum möglich. Sie werden vom Staat per Gesetz unter das Existenzminimum gedrückt. Da erhält das Bild von Seniorinnen und Senioren, die verschämt Flaschen aus Abfallkörben sammeln, ganz neue Dimensionen. Ein Beispiel zeigt, wie schnell man trotz Grundsicherung fast nichts mehr zum Leben hat.
Rente mit Grundsicherung aufstocken
Helena Stein vom Verein Sanktionsfrei e.V. berichtet auf Twitter über einen solchen Fall. Die Frau, die dort Bea genannt wird, wusste von Anfang an, dass sie ihre Rente später mit Grundsicherung aufstocken muss. Sie hatte teilweise nur halbtags gearbeitet, damit sie ihre beiden Kinder großziehen kann. Später folgte dann eine kurze Phase, in der sie auf Hartz IV angewiesen war.
Erstrentenlücke sorgt für Probleme
Als Bea dann zum 1. Februar in Rente ging, folgte das böse Erwachen. Ursache ist laut Helene Stein die „Erstrentenlücke“. Was heißt das?
„Hartz IV wird zu Anfang des Monats ausgezahlt, die Rente erst zum Ende des kommenden Monats. Zwischen dem letzten Hartz IV-Satz und der ersten Rente liegen also gut zwei Monate“,
erklärt der Verein Sanktionsfrei e.V.
Hinweis: Das gleiche Problem haben auch Bedürftige, die aus dem Hartz IV Bezug eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und ihre Bedürftigkeit beenden. Hat man z.B. zum 01. Mai eine Arbeit aufgenommen, so kommt das Gehalt im Regelfall erst am Ende des Monats bzw. spätestens Anfang Juni. Die letzte Hartz IV Zahlung ist dagegen Anfang April eingegangen, so dass zwischen beiden Zahlungen zwei Monate liegen.
Gesetzgeber verlangt Darlehensaufnahme
Daraus resultiert eine Lücke, die irgendwie finanziert werden muss. Wie genau, legt § 37a SGB XII fest. In Absatz 1 heißt es:
„Kann eine leistungsberechtigte Person in dem Monat, in dem ihr erstmals eine Rente zufließt, bis zum voraussichtlichen Zufluss der Rente ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln bestreiten, ist ihr insoweit auf Antrag ein Darlehen zu gewähren.“
50 Euro von der Grundsicherung abstottern
Zurückgezahlt werden müssen laut Gesetz mindestens 5 Prozent der Regelbedarfsstufe 1, maximal 50 Prozent. Im Fall von Bea ergab sich laut Helena Stein folgendes Bild:
„Das Resultat war eine Finanzlücke, die Bea mit einem Darlehen überbrücken musste, das in 50-Euro-Raten von der Grundsicherung abgestottert werden muss.“
Regelung ist so gewollt
Die Antwort auf eine Nachfrage durch Bea beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales macht deutlich, dass man den Schritt unter das Existenzminimum ganz bewusst in Kauf nimmt.
„Der Gesetzgeber hat es so gewollt, die Rentenzahlung wird auch für Hartz IV Empfänger erst Ende des Monats ausgezahlt“,
erklärt das Ministerium. Helena Stein übersetzt diese Aussage laut merkur.de zynisch mit:
„Der Gesetzgeber will, dass die faulen Hartzer den ersten Monat Rente als Darlehen bestreiten müssen.“
Ähnlich sieht es Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband:
„Wie dieser Staat mit seinen Ärmsten umgeht, ist so gedankenlos und ignorant.“
Bild: Stramp/ shutterstock.com