Kein Verstecken mehr. Kein Schweigen aus Angst oder Scham. Menschen, die von Armut betroffen sind, erheben endlich ihre Stimme. Unter dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen berichten sie auf Twitter über ihre Erfahrungen. Es sind traurige Geschichten, Mut machende Schicksale und vor allem eines: viele Wünsche für eine bessere Zukunft. Diese Wünsche gehen jetzt in einem offenen Brief an die Politik – und jeder sollte mitmachen. Denn Armut ist längst ein Flächenbrand.
24 Prozent sind von Armut bedroht
Fast jeder Vierte (24 Prozent) ist laut Statistischem Bundesamt (Destatis) von Armut bedroht. Damit geht Armut weit über Hartz IV hinaus. Steigende Kosten für Lebensmittel und Energie werden in den kommenden Wochen und Monaten die Zahl spürbar steigen lassen.
Hohe Dunkelziffer
Schon jetzt muss man laut #IchBinArmutsbetroffen und den Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sowie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von einer enorm hohen Dunkelziffer ausgehen. Demnach nehmen 40 Prozent der Berechtigten staatliche Grundsicherungsleistungen nicht in Anspruch. Bei der Grundsicherung im Alter sind es 60 Prozent. Warum? Unter anderem aus Angst vor der Bürokratie.
Nicht länger schweigen
Betroffene, die Armut nicht nur als Wort, sondern als harten Alltag kennen, machen jetzt auf sich aufmerksam.
„Bisher waren wir sehr leise und versteckt. Das wollen wir nicht mehr“,
heißt es in dem offenen Brief. Gerichtet ist er an Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Bundeswirtschaftsminister Christian Lindner und sämtliche Abgeordnete.
Schluss mit Selbstinszenierungen
„Sie als Politiker:innen haben die Macht und hoffentlich auch endlich den Willen, sich für uns stark zu machen“,
schreiben die Initiatoren. Und sie machen deutlich, dass Selbstinszenierungen und Reden niemanden satt machen. Auch reine Bekundungen nützten niemandem.
Mitte des Monats schon kein Geld mehr
Viele wüssten bereits Mitte des Monats nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Daran würden Betroffene verzweifeln. Einmalige Ausgleichszahlungen aus dem Entlastungspaket änderten nichts an der Situation. Sie verpufften angesichts der rasant steigenden Preise.
Die Wunschliste
Auf der Liste der Forderungen steht daher unter anderem ein armutsfester Mindestlohn für alle. Auch eine sofortige Erhöhung der Regelsätze im SGB II/ XII auf 678 Euro wird gefordert – ohne entwürdigende Sanktionen. Und für Kinder müsse die Kindergrundsicherung eingeführt und gleichzeitig das Konzept der Bedarfsgemeinschaft abgeschafft werden.
Weitere Wünsche: Weniger Bürokratie, ein Stopp der Mietsteigerungen, Entlastung bei den Energiekosten, vertrauensvoller Umgang auf Augenhöhe, eine Mindestrente und ein existenzsicherndes BAföG. Alles Forderungen, die schon lange im Raum stehen, bislang aber noch kein Gehör gefunden haben.
Petition: einfach online mitmachen
Wer sich an der Aktion beteiligen und die Petition „Wir wollen in Würde leben – schafft Armut ab!“ unterschreiben möchte, kann dies online über die Plattform von Campact: Petition von #IchBinArmutsbetroffen jetzt unterschreiben
Es dauert nicht einmal eine Minute und kann vielleicht Großes bewirken.
Bildquelle: WeAct Petition #IchBinArmutsbetroffen