Hartz IV an den Nagel zu hängen und stattdessen ein Bürgergeld einzuführen, wird von der Partei „Die Linke“ zwar begrüßt. Doch der Ansatz, den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorige Woche und auch schon Ende Mai präsentiert hat, geht den Linken nicht weit genug. Daher üben sie an etlichen Punkten Kritik. Das gilt vor allem für die Tatsache, dass keine konkreten Zahlen genannt werden. Auch, dass man an den Hartz IV Sanktionen festhalten möchte, stößt bitter auf.
Inhaltsverzeichnis
Klare Abkehr von einem schädlichen System
Die Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali betont in einer Mitteilung:
„Natürlich begrüßen wir jede Verbesserung, aber was es wirklich braucht, ist eine klare Abkehr vom schädlichen System Hartz IV. Das Sanktionsregime muss sofort beendet werden.“
Regelsätze müssen angehoben werden
Sie plädiert für eine Anhebung des aktuellen Regelsatzes auf 687 Euro plus Strom und Haushaltsgeräte. Bis dahin müssten Hartz IV Bedürftige umgehend 200 Euro monatlich erhalten, um die „explodierenden Lebenshaltungskosten“ abfedern zu können. Ohne diese zusätzliche Unterstützung drohten „schlimme soziale Verwerfungen“, zumal die Lage für viele jetzt schon dramatisch sei.
687 Euro Hartz IV Regelsatz bei ehrlicher Berechnung
Menschen als mündige Bürger behandeln
Einigermaßen positiv gestimmt äußerte sich der Co-Vorsitzende der Partei, Dietmar Bartsch. Er hofft, dass mit der Hartz IV Reform ein Sozialstaat geschaffen wird, „der die Menschen als mündige Bürger behandelt“. Es sei an der Zeit, dass die Schikanen ein Ende hätten.
Betroffene werden vertröstet
Verschnupft reagiert Dietmar Bartsch auf den Umstand, dass keine Summen bei den Regelsätzen genannt werden. Diese Kritik bringt er unmissverständlich auf den Punkt:
„Das ist verschieben, vertrösten, letztlich veräppeln der Leistungsempfänger wie der Steuerzahler.“
Entwurf könnte verwässert werden
Letztlich überwiegt bei den Linken jedoch die Befürchtung, dass man sich auf einen faulen Kompromiss einigt und der „zunächst vernünftige Entwurf total verwässert wird“. Als „Hemmschuh für einen anständigen Sozialstaat“ sieht Dietmar Bartsch dabei vor allem die FDP.
Bürgergeld: Hartz IV Nachfolge nur faule Kompromisse?
Kritik an geplanten Regelsätzen
Mit der kritischen Haltung gegenüber den geplanten Neuerungen bzw. der Hartz IV Reform steht die Linke nicht allein auf weiter Flur. Auch Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei sieht noch einige Baustellen. Sie macht den Erfolg von den beiden Facetten Sanktionen und Regelsatz abhängig.
Drahtseilakt für Hartz IV Bedürftige
Mit Blick auf die Leistung – vorsichtig angekündigt wurden 40 bis 50 Euro mehr – mehren sich jedoch die Zweifel.
„Wenn man im besten Fall von rund 500 € im Monat Essen, Strom, Klamotten, Haushaltsgeräte, kulturelle Teilhabe und Ersparnisse meistern soll, ist das weiterhin ein unmöglicher Drahtseilakt und betrifft viele, viele Menschen“,
sagt Helena Steinhaus.
Respekt und Wertschätzung
Einen anderen Aspekt bringt Hartz IV Kritikerin Inge Hannemann auf Twitter zur Sprache:
„Das neue Bürgergeld kann nur gelingen, wenn der geforderte Respekt und die geforderte Wertschätzung durch die Jobcenter auch erbracht werden.“
Arbeit auf Augenhöhe
Sie fordert konkret, dass die Zahl der Kunden, die jede Arbeitsvermittlung begleitet, reduziert wird. Zudem brauche es ein Umdenken, gerade bei der inneren Einstellung gegenüber Hartz IV Bedürftigen, sowie Respekt, Zeit, Qualifizierung und eine ausführliche, ehrliche Potenzialanalyse.
Kein Interesse an den Sorgen der Menschen
Was von alledem unter dem Strich bleiben wird, steht aktuell noch in den Sternen. Aktuell rangeln die Verantwortlichen um Regelsätze und Sanktionen, ohne sich dabei auch nur eine Sekunde mit den Sorgen und Nöten der Betroffenen zu befassen, die dank #IchBinArmutsbetroffen längst kein Geheimnis mehr sind.
Bild: Bildagentur Zoonar GmbH/ shutterstock.com