Lob und Tadel liegen in der Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Bürgergeld eng beieinander. Grundsätzlich begrüßt der DGB den vorliegenden Entwurf für den Hartz IV Ersatz und spricht von „substanziellen Verbesserungen“. Noch fehle aber der wichtigste Baustein: die Neubemessung der Regelsätze. Werde die Grundsicherung nicht angehoben, sei „das Bürgergeld kein gelungenes Fortschrittsprojekt“.
Was wird aus den Regelsätzen?
Zur geplanten Reform des Sozialsystems und dem Ende von Hartz IV haben sich inzwischen viele geäußert. Eine fundierte Kritik im positiven wie im negativen Sinne ist derzeit aber noch nicht möglich. Denn der Punkt, der für Betroffene und aus Sicht der Sozialverbände entscheidend ist, bleibt nach wie vor offen: Ob und in welchem Umfang die Leistungen angepasst werden.
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Elementare Leerstelle im Bürgergeldentwurf
Darauf macht auch der DGB aufmerksam.
„Der vorliegende Referentenentwurf hat […] eine elementare, nicht hinnehmbare Leerstelle“,
heißt es in der Stellungnahme. Solange dieser Aspekt nicht geklärt sei, bleibe ein Wesenszug des Hartz IV Systems bestehen:
„Ein Leistungsniveau, das nicht wirksam vor Armut schützt und keine ausreichende soziale Teilhabe bietet. Hier muss die Regierung dringend nachliefern.“
Nachbesserung nötig
Noch deutlicher wird der DGB in der Detailkritik zur Neubemessung der Regelsätze. Der Entwurf für das Bürgergeld beachte nicht einmal die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2014 (Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 23. Juli 2014, 1 BvL 10/12), wonach der Gesetzgeber bei erheblichen Preissteigerungen umgehend nachbessern müsse. Hier heiß es im Urteil:
»Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden (oben C II 2 e bb). Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.«
Kein Schutz vor Armut
Die aktuellen Regelsätze seien „politisch motiviert kleingerechnet“, ohne Schutz vor Armut oder Ausgrenzung zu bieten. Zudem seien die Mehrbelastungen durch die Corona-Pandemie und die Inflation nicht ausreichend kompensiert worden. Generell gelte:
„Das Hartz-IV-Niveau liegt bei fast allen Haushaltskonstellationen […] unterhalb der Armutsrisikogrenze.“
Neues Herleitungsverfahren
Daher sei eine grundlegende Abkehr vom bisherigen Herleitungsverfahren nötig. Die Regelsätze müssten spürbar angehoben werden. Dazu schlägt der DGB eine schrittweise Anpassung vor: Einmalzahlung im Herbst, zum Jahresbeginn ein neuer Anpassungsmechanismus und eine neue Strompauschale, ein erster Schritt zur materiellen Besserstellung Hartz IV Bedürftiger und eine Sachverständigenkommission, die eine neue Berechnungsgrundlage für das Bürgergeld erarbeitet.
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Lob für einige Bürgergeld-Neuerungen
Hinsichtlich der im Referentenentwurf für das Bürgergeld bereits definierten Änderungen zeigt sich der Deutsche Gewerkschaftsbund durchaus zufrieden. Viele Eckpunkte deckten sich mit den Forderungen des DGB. Man sehe die Chance, dass mit dem Bürgergeld Gängelung, Gerechtigkeitsdefizite und das Hartz IV Stigma gemildert würden.
Schutz der Ersparnisse
Lobend äußern sich die Gewerkschafter dazu, dass die sozialstaatlichen Sicherheitsversprechen gestärkt würden, indem Ersparnisse geschützt und die tatsächlichen Wohnkosten übernommen werden. Dadurch mindere man die Angst vor dem sozialen Abstieg.
Kooperativer Ansatz
Hoffnungen weckt auch der Ansatz einer kooperativen Arbeitsweise der Jobcenter und die Entschärfung der Sanktionen. Nachgebessert werden müsste indes beim Weiterbildungsgeld, das nicht hoch genug sei, und den Förderkonditionen beim sozialen Arbeitsmarkt.
Bessere Ausstattung der Jobcenter
Außerdem sei es zwingend nötig, betont der DGB, für die Jobcenter „eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung sicherzustellen“. Nur so ließen sich die Ziele des Bürgergelds realisieren. Das gelte insbesondere für die bessere Betreuung von Hartz IV Bedürftigen.
Quelle: Stellungnahme des DGB
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