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Urteil: 449 € Hartz IV trotz Inflation nicht unzureichend

Hände die Geld Münzen und Scheine zählen

Die Inflation treibt immer mehr Menschen in die Verzweiflung. Ein Sozialhilfeempfänger aus Göttingen zog deshalb vor Gericht und forderte einen Inflationsausgleich. Mit diesem Anliegen scheiterte er sowohl vor dem Sozialgericht Hildesheim als auch vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 24. August 2022 – L 8 SO 56/22 B ER). Ohne gesetzliche Grundlage könne kein höherer Regelsatz zugesprochen werden.

Die Grundlagen

Geklagt hatte ein Mann, der neben seiner Altersrente ergänzende Grundsicherungsleistungen in Höhe von 631,39 Euro erhält. Berücksichtigt wurde hierbei ein Regelbedarf von 449 Euro. Gegen diesen Betrag erhob der Hartz IV Bedürftige Widerspruch und begründete den Schritt mit den exorbitanten Preissteigerungen. Er forderte daher in einem Eilantrag beim Sozialgericht Hildesheim, den Regelbedarf auf 620 Euro anzuheben.

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Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Dabei bezog sich der Kläger auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.7.2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/12), wonach „bei einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter zeitnah“ reagiert werden müsse.

Entlastungspaket gleich das Defizit nicht aus

Aus Sicht des Mannes sei die Hartz IV Regelleistung „evident unzureichend“. Der Gesetzgeber dürfe nicht abwarten, sondern müsse unverzüglich handeln. Weder das 9-Euro-Ticket noch die 200 Euro Einmalzahlung könnten das Defizit ausgleichen. Daher bedürfe es einer Anhebung der Regelsätze.

Gericht ist an geltendes Recht gebunden

Das lehnt das Sozialgericht ab.

„Eine Abweichung von der durch den Gesetzeswortlaut eindeutig bestimmten Höhe der Regelbedarfe im Wege einer verfassungskonformen Auslegung sei wegen der Bindung der Antragsgegnerin und auch der Gerichte an die Gesetze (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht möglich“,

so das Urteil.

Keine existenzgefährdende Unterdeckung

Bei der Frage, ob die Inflation zu einer Verfassungswidrigkeit der geltenden Regelbedarfe führe, müssten sowohl der Heizkostenzuschuss als auch das 9-Euro-Ticket berücksichtigt werden. Es lägen deshalb keine Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Inflation eine existenzgefährdende Unterdeckung eingetreten sei.

Beschwerde beim Landessozialgericht

Gegen diesen Beschluss legte der Mann Beschwerde ein und konkretisierte seine Forderung unter anderem mit den Inflationszahlen für Nahrungsmittel und Strom. Und er betonte,

„die Sozialgerichte müssten sich nach der Rechtsprechung des BVerfG schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen“.

Der Bundesregierung warf er vor, die Menschenwürde zu untergraben.

Gesetzesänderung nicht durch Gerichte

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen lehnte die Beschwerde als unbegründet ab. Auch hier wurde erneut betont, dass sich das Gericht an Recht und Gesetz halten müsse und keine neuen Normen setze. Die Höhe des Regelsatzes sei klar bestimmt und eine Änderung nur dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten.

„Die Fachgerichte seien nicht befugt, einem Antragsteller unmittelbar aus dem Grundgesetz höhere Leistungen im Eilverfahren zuzusprechen“,

so das Landessozialgericht weiter.

Regelsatz reicht nicht aus

Zwar spräche die Inflation deutlich dafür, „dass die Höhe der Regelsätze schon gegenwärtig nicht mehr ausreichen, das Existenzminimum zu sichern“. Aber: Die Regierung habe die Gefahr „inflationsbedingt unzureichender existenzsichernder Leistungen durchaus erkannt“ und mit Maßnahmen wie dem 200 Euro Sofortzuschlag für Grundsicherungsempfänger, dem 9-Euro-Ticket sowie dem Tankrabatt reagiert sowie weitere Entlastungen angekündigt. Eine evident unzureichende Regelsatzhöhe sei daher gegenwärtig nicht zu erkennen.

PM des Landessozialgerichts vom 01.09.2022

Bild: Redaktion93/ shutterstock.com

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