Die Erhöhung des Hartz IV Regelsatzes von aktuell 449 Euro auf 502 Euro beim Hartz V Bürgergeld ab 01.01.2023 droht zu scheitern. Wenn die parteipolitische Debatte um die Hartz IV Nachfolge nicht bald ein Ende findet, wird eine pünktliche Anpassung der Regelsätze für das Bürgergeld nicht mehr möglich sein. Davor warnte jetzt die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andreas Nahles. Oder anders ausgedrückt: Die Grundsicherung bliebe trotz steigender Inflation vorerst auf dem bisherigen Niveau. Das ist aber nur ein Problem, das gerade an die Tür klopft.
Umsetzung von Hartz V benötigt viel Zeit
Dass die Umsetzung von Hartz V nicht von heute auf morgen funktioniert, weder an den Schreibtischen der Jobcenter noch auf technischer Ebene, hat die BA schon früh angedeutet. Und mit jedem Tag, der ohne Einigung zum Bürgergeld verstreicht, erhöht sich der Druck – und schlimmstenfalls auch die Not derer, die auf Grundsicherung angewiesen sind.
Jetzt auch Fortschreibung in Gefahr
Die Fortschreibung der Regelsätze war trotz der geplanten Reform bislang nie gefährdet. Doch seit die unionsgeführten Länder eine Blockade des Bürgergeld-Gesetzes im Bundesrat angekündigt haben und damit eine deutliche Verzögerung in Kauf nehmen, brennt bei der BA jetzt auch diesbezüglich die Luft.
Lösung bis Ende November nötig
Andrea Nahles mahnt daher zum Tempo.
„Wenn wir noch im November die Entscheidung haben, dann können wir die Regelsatzänderung auch bis zum 1.1. realisieren“,
erklärte sie. Sollte aber ein Vermittlungsausschuss nötig werden, gelte:
„Wenn das […] dann in den Dezember reingeht, dann kommen wir in große Schwierigkeiten und können das nicht mehr garantieren.“
Entscheidung im Dezember wäre zu spät
Die BA-Vorstandsvorsitzende appelliert an „alle, die politisch entscheiden und in der Debatte mitdiskutieren“, sich dessen bewusst zu sein. Die Entscheidung über das Bürgergeld brauche man bis Ende November. Letztlich hängt jetzt alles davon ab, ob sich Regierung und CDU/ CSU auch ohne Vermittlungsausschuss einigen. Ansonsten ist erst im Dezember, und somit viel zu spät, mit einer Lösung zu rechnen.
Das Versprechen des Ministers
Das Versprechen, Hartz V zum 1. Januar 2023 zu realisieren, dürfte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) inzwischen Bauchschmerzen bereiten. Denn zumindest die höheren Regelsätze sollten, das hatte er noch vor wenigen Wochen betont, spätestens mit dem Jahreswechsel fest verankert sein. Alles andere ließe sich dann, so der Minister, Schritt für Schritt einführen.
Berechtigte müssen aufs Geld warten
Leidtragende des politischen Streits sind die Hartz IV Bedürftigen und die Jobcenter. Die Behörden machen vielerorts jetzt schon deutlich, dass Betroffene viel Geduld mitbringen müssen. Ein Beispiel: In Minden rechnet man mit vielen Anträgen für das Bürgergeld und das Wohngeld. Die Konsequenz: „Berechtigte werden aufs Geld warten müssen.“
Druck auf Jobcenter nimmt zu
Vor dem Hintergrund, dass laut ifo-Institut jedes vierte Unternehmen in Deutschland aufgrund der Energiekrise plant, Mitarbeiter zu entlassen, wird der Druck auf die Jobcenter noch weiter steigen. Viel schlimmer aber: Menschen in Not stehen dann womöglich allein auf weiter Flur, weil man sich bei Planung des Bürgergelds über- und den Widerstand der Opposition unterschätzt hat.
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