Das Tauziehen geht weiter. Trotz Entgegenkommens und einiger Anpassungen beim künftigen Bürgergeld stellt sich die Union nach wie vor quer. In einem Punkt möchte sie allerdings nicht als Bremsklotz gelten: bei der Anpassung der Hartz V Regelsätze. Die Fortschreibung soll zum 1. Januar 2023 erfolgen. Denn mit der Höhe der Sätze sei man einverstanden, so Parteichef Friedrich Merz. Zu den anderen Neuerungen im Rahmen der Hartz IV Reform sagt man indes „nein“.
Bürgergeldzeitplan gerät aus den Fugen
Das bliebe nicht folgenlos: Wenn die unionsgeführten Länder ihre Bürgergeld-Blockade im Bundesrat aufrecht halten, kommt es zu einem Vermittlungsausschuss. Damit geriete der Zeitplan gänzlich aus den Fugen. Das würde auch die Fortschreibung der Hartz IV Regelsätze betreffen. Geplant ist, dass alleinstehende Erwachsene ab dem kommenden Jahr 53 Euro mehr erhalten (502 statt 449 Euro).
Hartz IV Nachfolge: Bürgergeld soll 502 Euro betragen
Schärfe aus der Diskussion nehmen
Dem möchten CDU und CSU nicht im Wege stehen.
„Ich will vielleicht mal ein bisschen die Schärfe aus dieser Diskussion herausnehmen“,
begründet Friedrich Merz den Schritt, einen
„verbindlichen Beschluss des Deutschen Bundestages über die Anhebung der Regelsätze zu treffen“.
Den entsprechenden Vorschlag möchte er der Bundestagsfraktion von CDU/CSU unterbreiten.
Streit um die Karenzzeit
Statt ums Geld würde dann nur noch über das Verfahren zum Bürgergeld gestritten. Hier gibt es eine Vielzahl von Punkten, an denen sich Regierung und Opposition reiben – angefangen bei der Karenzzeit. Diese zweijährige Schonfrist soll Menschen die Angst nehmen, mit dem Abrutschen in die Grundsicherung gleich alles zu verlieren, was sie sich im Laufe ihres Lebens aufgebaut haben.
Menschen werden zu Versorgungsempfängern
Hier sieht die Union zu viel Betrugspotenzial. Außerdem moniert Friedrich Merz, dass der eigenverantwortliche Bürger
„mit dem Bürgergeld mehr und mehr ein Versorgungsempfänger werde“.
Daher bleibt es beim Vorschlag, Hartz IV zu erhöhen und auf die Einführung des Bürgergelds zu verzichten.
Bürgergeld-Kompromiss: Hartz V wird verschärft
Partei der sozialen Kälte
Dass der Schritt von Friedrich Merz tatsächlich die Schärfe aus dem Streit nimmt, ist eher unwahrscheinlich. Aus allen Ecken der Ampel wird inzwischen scharf gegen die Union geschossen. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang wirft der Union vor, jeden „Respekt kläglich vermissen“ zu lassen. Die CDU habe sich „offenkundig entschieden, Partei der sozialen Kälte zu sein“.
„Wer ein Gesetz stoppen will, mit dem wir verhindern, dass Menschen nach Jahrzehnten unermüdlicher Arbeit in der Krise ihr Erspartes verlieren, vertritt sicher nicht die Mitte der Gesellschaft“,
so Ricarda Lang weiter.
CDU führt Schäbigkeitswettbewerb
SPD-Chef Lars Klingbeil vergleicht das Vorgehen der CDU und CSU mit dem von Donald Trump: Man verbreite Lügen und falsche Zahlen zum Bürgergeld. Damit würden Geringverdiener gegen jene ausgespielt, die auf Hartz IV und später das Bürgergeld angewiesen seien. Der Vorsitzende der FDP, Christian Lindner, wiederum nennt es einen „Schäbigkeitswettbewerb“ rund um das Schonvermögen.
Das Thema Regelsatz und Hartz IV
Interessant ist, dass die CDU das Thema Regelsatz aus der Diskussion herausnehmen möchte. Denn viele Unionsanhänger glauben immer noch, dass sich Arbeit mit dem Bürgergeld nicht mehr lohne – und werden auch nicht müde, diesen Irrglauben weiterzuverbreiten. Dabei rudern längst auch Medien wie das Handelsblatt zurück und ernten dafür unter anderem vom Präsidenten des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Lob.
Bürgergeld versus Gehalt
Das Fazit des Handelsblatt-Faktenchecks „Bürgergeld vs. Gehalt“:
„Arbeit lohnt sich weiterhin“.
Es sei irreführend, nur den Nettolohn zu vergleichen, ohne die übrigen finanziellen Ansprüche im Niedriglohnbereich zu berücksichtigen. Allerdings handele es sich aufgrund der Vorgaben für Wohngeld und Co. um „hochkomplexe“ Berechnungen. Generell gelte aber:
„Grundsätzlich haben in Deutschland Berufstätige mehr Geld zur Verfügung als heutige Hartz-IV- und künftige Bürgergeld-Empfänger.“
Außerdem schmälere jeder Monat Grundsicherung die künftige Rente. Ein Aspekt, den viele gar nicht auf dem Schirm haben. Sie sehen nur 53 Euro mehr, nicht aber die Not dahinter und was es heißt, auf Leistungen vom Amt angewiesen zu sein.
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