Der Irrglaube, dass mit dem Bürgergeld gänzlich auf Sanktionen verzichtet wird, hält sich offenbar so hartnäckig, dass die Leistungsminderungen ein Grund für das Scheitern der Hartz IV Reform sind. CDU und CSU pochen darauf, dass die Jobcenter auch weiterhin gnadenlos den Rotstift zücken dürfen. Diesbezüglich gibt es jetzt ein erstes Entgegenkommen der Ampel. Zumindest die FDP wäre für einen Kompromiss bereit, die Sanktionsmöglichkeiten zu verschärfen.
FDP kommt CDU entgegen
Dass die FDP als erste Ampelpartei die Hände zum Gespräch reicht, sollte niemanden verwundern. Die Liberalen waren von Anfang an für eine härtere Gangart bei Hartz 5, haben sich dann aber dem Willen von SPD und Grünen untergeordnet. Dafür wurde der FDP ein Wunsch beim Bürgergeld gewährt: der höhere Zuverdienst.
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Union verbreitet Märchen
Ob jetzt die Einheit der Regierung bröckelt, wird sich zeigen. Bislang hat sich nur die FPD zu möglichen Änderungen am Bürgergeldgesetz geäußert. Allerdings nicht, ohne auch Kritik an CDU und CSU zu äußern. FDP-Fraktionschef Christian Dürr wirft der Union vor, Märchen zu verbreiten,
„wenn sie die ersten sechs Monate als sanktionsfreie Zeit darstellt“.
Leistungskürzungen während der Vertrauenszeit
Worum geht es? Die erste sechs Monate bilden die sogenannte Vertrauenszeit. Während dieses Zeitfensters sollen keine Sanktionen verhängt werden. Möglich ist es allerdings, wenn auf das erste auch noch ein zweites Meldeversäumnis folgt. Dann müssen Hartz IV Bedürftige damit rechnen, dass ihnen die Leistung gekürzt wird. Nach der Vertrauenszeit greifen dann die üblichen Mitwirkungspflichten.
Bürokratieabbau durch weniger Sanktionen
Ziel der „entschärften“ Vertrauenszeit ist vorrangig der Verzicht auf unnötige Bürokratie. Zum anderen hätten die möglichen Sanktionen zu Anfang des Hartz 5 Bezugs ohnehin keine Relevanz, erklärt Christian Dürr Daher lautet sein Vorschlag: „Wenn die Union dieses Symbol braucht, bin ich dafür offen, Sanktionsmöglichkeiten beizubehalten.“
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Leistungsminderungen schärfen
Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.
„Wenn die Union der Meinung ist, hier gibt es Wege, Sanktionen zu schärfen, dieses System des Bürgergeldes effizienter zu gestalten, dann sind wir sehr gerne dabei, mit der Union über diese Frage zu reden“,
erklärte er im Frühstart von RTL und ntv. Er sieht ohnehin „große Schnittmengen“ mit der CDU.
Scheitern des Bürgergelds verhindern
Ziel ist es, betont der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, zu verhindern, dass „das ganze Gesetz scheitert“. Er sieht in den Gesprächen die Chance, „ein gutes Gesetz noch besser zu machen“. Diese Chance gelte es, zu nutzen.
So geht es weiter
Dazu hat man jetzt Gelegenheit. Nachdem der Vermittlungsausschuss angerufen wurde, soll es vorab bereits Gespräche einer Arbeitsgruppe geben, die sich laut „Bild“ am Mittwoch im Arbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) trifft. Mit dabei sind unter anderem die Sozial- und Arbeitsministerin aus Bayern, Ulrike Scharf (CSU), und Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD).
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Esken gießt Öl ins Feuer
Ob es in dem Zusammenhang sinnvoll ist, dass die SPD-Vorsitzende Saskia Esken zwar Zuversicht äußert, der Vermittlungsausschuss werde einen guten Kompromiss erzielen, gleichzeitig aber weiter Öl ins Feuer gießt und der Union Fakenews vorwirft, ist fraglich. Jetzt ist eher Feingefühl gefragt, um eine Lösung zu finden.
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