Einfach über die Runden kommen: Das ist für viele Haushalte längst nicht mehr möglich. Dank Inflation sind Portemonnaie und Kühlschrank oft schon Mitte des Monats nahezu leer. Dann heißt es, Vorräte strecken, Schlange stehen bei der Tafel oder Freunde um Hilfe bitten. Existenzangst wird dadurch für immer mehr Rentner, Bürgergeld-Bedürftige und einkommensschwache Haushalte zum täglichen Begleiter. Sorgen bereiten vor allem die Lebensmittelpreise – und die Politik schaut zu.
Sich irgendwie durchschlagen
Die Sorgen der Menschen spiegeln sich in den Tweets unter dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen wider. „Sasa Zatata“ (@sasaraber) schreibt, es sei Mitte des Monats. Das bedeute für viele, sie müssten zusehen, wie sie sich die nächsten zwei Wochen irgendwie durchschlagen. Bestätigt wird ihre Einschätzung durch die vielen Antworten von Menschen, die sich genau in dieser Situation befinden.
Flaschen sammeln für Brot
Auch Anni (@Finkulasa) macht darauf aufmerksam, dass „der letzte des Monats“ immer früher da sei und das Restbudget immer kleiner werde. Ein Problem, das viele aus eigener Erfahrung kennen und nur zu gut nachvollziehen können. „Moonlight1989“ wird Flaschen sammeln, um noch Brot kaufen zu können. Andere rechnen damit, spätestens am 20. des Monats „blank“ zu sein.
Die Inflation schlägt gnadenlos zu
Der Grund für die finanziellen Sorgen ist schnell gefunden: die Inflation. Sie galoppiert schneller voran als jede Lohnerhöhung oder Bürgergeld-Anpassung. Das gilt vor allem für den Bereich der Nahrungsmittel. Hier schlägt die Teuerung besonders unbarmherzig zu. Denn nicht ohne Grund spricht man von Lebensmitteln, ohne die es schlichtweg nicht geht.
Über 20 Prozent Teuerung bei Nahrungsmitteln
Im November 2022 erreichte die Inflation bei Lebensmitteln laut Statistischem Bundesamt einen Wert von 21,1 Prozent. Für Dezember 2022 wird eine Teuerung von 20,7 Prozent prognostiziert. Betrachtet man die Preisentwicklung ausgewählter Waren im November, wird die Problematik noch deutlicher: Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Ähnliches plus 81,9 Prozent, Zucker plus 48,5 Prozent, Butter plus 42,3 Prozent oder Käse plus 37,6 Prozent.
Inflation wurde nicht ausgeglichen
Wenn die Regierung nun verspricht, die Inflation beim Bürgergeld besser zu berücksichtigen, hat das offenbar nicht funktioniert. Denn in die Rechnung fließt als „jüngster“ Faktor das zweite Quartal ein. Zu der Zeit (April bis Juni 2022) bewegte sich die Inflation im Bereich Nahrungsmittel bei 8,6 bis 12,7 Prozent. Das deckt sich ungefähr mit der Anpassung des Bürgergeld Regelsatzes für einen Single von 449 auf 502 Euro um 11,8 Prozent. Der Bedarf für „Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren“ stieg von 155,82 Euro auf 174,19 Euro.
174,19 Euro für Nahrungsmittel
Auch wenn man für eine punktgenaue Berechnung jeden einzelnen Aspekt des Bürgergelds mit der jeweiligen Inflationsrate nachvollziehen müsste, picken wir an dieser Stelle nur den Aspekt Nahrungsmittel heraus. Wie bereits erwähnt, standen hierfür zu Zeiten von Hartz IV 155,82 Euro zur Verfügung und lag die Teuerung Ende des Jahres bei knapp 20 Prozent.
Inflation schluckt Hartz IV und das Bürgergeld
So hoch müsste der Regelbedarf sein
Würde man die Inflation zeitnah in die Anpassung des Bürgergelds einfließen lassen, müsste der Bedarf für Lebensmittel also um 20 Prozent angehoben werden. Das wären 31,16 Euro, sodass unter dem Strich 186,98 Euro stünden. Stattdessen sind im Bürgergeld jedoch nur 174,19 Euro für Nahrungsmittel vorgesehen. Auf Basis der Zahlen des Statistischen Bundesamtes fehlen demnach 12,79 Euro. Damit käme man zwar auch nicht weit, aber immerhin.
Fair wären 725 Euro plus Strom
Da die Teuerung einkommensschwache Haushalte und Bürgergeld-Empfänger stärker trifft als andere, würde eine faire Berechnung der Grundsicherung einen deutlich höheren Betrag ergeben. Bezogen auf alle Bereiche wären das laut Gewerkschaften und Sozialverbänden 725 Euro plus die Übernahme der Stromkosten.
Bürgergeld mit diesen Tricks kleingerechnet – 725 Euro plus Strom anstatt 502 Euro
Schnelle Hilfe nötig
Davon ist man allerdings weit entfernt. Auch von schnellen Hilfen, die immer wieder gefordert werden. Eine Maßnahme wäre, die Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln zu senken oder ganz darauf zu verzichten. Das ist auch einer der fünf Forderungen der Partei „Die Linke“:
„Wir wollen eine Vollbremsung bei den Lebensmittelpreisen und dafür die Mehrwertsteuer bis mindestens Jahresende aussetzen.“
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