Unmöglich ist es nicht, aber es wird immer schwerer: Mit dem Bürgergeld eine ausgewogene und möglichst gesunde Ernährung zu realisieren, stellt Betroffene vor Herausforderungen. Das Magazin „rbb24 Brandenburg aktuell“ wollte es genauer wissen und hat Reporterin Marie Röder zu zwei Test-Einkäufen geschickt. Ziel war es, möglichst in Bio-Qualität, gleichzeitig aber auch günstig den Einkaufswagen mit den gewünschten Waren zu füllen. Funktioniert hat es weder beim Discounter noch im Biomarkt.
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Bio ist für viele Luxus
„Jeder sollte Zugang zu ökologischem und gesundem Essen haben“, schreibt rbb24 und spricht damit vermutlich dem Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir (Grüne), aus der Seele. Nur leider ist Bio in der Regel deutlich teurer und damit für alle, die den Cent bereits mehrfach umdrehen müssen, eher Luxus, denn Normalität. Für Rentner, einkommensschwache Haushalte und Bürgergeld-Empfänger ist es auch so schon schwer genug, die Einkäufe überhaupt noch bezahlen zu können. Einer Teuerungsrate bei Nahrungsmitteln von 20,7 Prozent im Dezember 2022 sei Dank.
17,40 Euro für drei Tage
Diese Erfahrung musste auch die Reporterin des rbb machen. Ausgehend von 174,19 Euro, die im monatlichen Regelsatz für einen Single den Bedarf für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren decken sollen, hatte sie für drei Tage 17,40 Euro zur Verfügung. Auf der Einkaufsliste standen Haferflocken, Obst, Gemüse, Brot, Butter, Nudeln, Milch und Hühnerbrustfilets. Damit war sie beim Discounter und im Biomarkt.
Fleisch sprengt das Budget
Im Discounter (Aldi) musste sie sich teils gegen Bio entscheiden, weil es schlicht zu teuer gewesen wäre. Damit das Budget nicht gesprengt wird, gab es außerdem keine Butter. Trotzdem standen 16,77 Euro zu Buche. Noch magerer fiel der Einkauf im Biomarkt aus. Hier waren Fleisch und Milch nicht mehr drin. Der Rest kostete 16,68 Euro.
Der Sinn von Testkäufen
Dass solche Testkäufe nicht sonderlich aussagekräftig sind, steht außer Frage. Jeder kauft anders ein und hat hinsichtlich der Ernährung andere Vorlieben. Zudem könnte man rein theoretisch über Angebote hier und Rabatte dort vielleicht noch günstiger einkaufen. Und ob es immer Bio-Qualität und „ökologisches Essen“ sein muss, um sich gesund zu ernähren, sei auch dahingestellt.
Den Fokus auf ein echtes Problem gelenkt
Viel wichtiger ist, dass der Fokus erneut auf ein Problem gelenkt wird, auf das Experten seit Jahren hinweisen. Studien, seinerzeit noch zum Hartz IV Regelsatz, ergaben: Eine abwechslungsreiche Mischkost ist für Betroffene mit der Grundsicherung nicht finanzierbar. „Da können Sie so gut kochen, wie Sie wollen“, erklärte der der Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Hans K. Biesalski gegenüber der Berliner Morgenpost. Stattdessen müsse billig und damit zumeist nicht sonderlich gesund eingekauft werden. Die Folgen: Kinder haben öfter Übergewicht und das Sterberisiko steigt.
Tafeln haben zwei Millionen Kunden
Kein Wunder also, dass die Tafeln völlig überlaufen sind. Zu geringe Regelsätze beim Bürgergeld, steigende Lebensmittelpreise. Da überwinden sich dann auch Menschen, die „normal“ verdienen, und stehen vor den Ausgabestellen Schlange. Zwei Millionen Menschen sind auf diese Hilfe angewiesen. Dass jetzt das Containern legalisiert werden soll, spricht in dem Zusammenhang Bände.
Gut gemeinte Vorschriften helfen niemandem
Es passt einfach nicht zusammen, wenn ein grüner Bundesminister allen vorschreiben möchte, wie sie sich zu ernähren haben, und Kantinen klare Vorgaben zum Speiseplan macht, und auf der anderen Seite wird die Grundsicherung kleingerechnet.
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Gesunde Ernährung muss nicht teuer sein. Aber das spielt keine Rolle, wenn das Geld häufig nicht einmal bis zum Ende des Monats reicht, obwohl man sich auf die günstigsten Grundnahrungsmittel beschränkt.
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