Geiz ist geil und für Bürgergeld-Empfänger längst überlebensnotwendig. Wenn aber Jobcenter anfangen zu knausern und über Jahre Millionenbeträge „gehortet“ werden, läuft etwas falsch. In der Summe sind es 600 Millionen Euro Eingliederungsleistungen, die in den vergangenen Jahren nicht genutzt wurden und weiterhin zur Verfügung stehen. Diese Zahl wird nur nebenbei genannt. Es scheint nicht relevant genug zu sein, dass Gelder für Menschen in Not einfach brach liegen.
43,825 Milliarden Euro für das Bürgergeld
Die 600 Millionen Euro werden im Portal für die Jobcenter-Praxis (sgb2.info) im Kontext des Bundeshaushaltes 2023 aufgeführt. Der sieht 23,76 Milliarden Euro für das Bürgergeld vor. Plus 10,4 Milliarden Euro für die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung, 5,25 Milliarden Euro Verwaltungskosten, 4,4 Milliarden Euro für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und 15 Millionen Euro für Forschung, Untersuchungen und Ähnliches. Die Servicestelle SGB II weist dabei kurz darauf hin, dass beim Eingliederungsbudget weitere 600 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stehen, da diese in den vergangenen Jahren nicht genutzt wurde.
Bürgergeld: Jobcenter verschwenden 400.000 Euro Spesengelder
Was sind Eingliederungsleistungen?
Der aus den Vorjahren verbliebene Betrag kann im Rahmen der Eingliederungsleistungen genutzt werden. Dieser Begriff bündelt eine Vielzahl von Optionen, mit denen Jobcenter Bürgergeld-Empfängern gezielt helfen können. Welche das sind, listet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf:
- Kommunale Eingliederungsleistungen (etwa Kinder- oder Schuldnerbetreuung)
- Einstiegsgeld
- Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen
- Förderung von Arbeitsgelegenheiten
- Eingliederung von Langzeitarbeitslosen
- Teilhabe am Arbeitsmarkt
- Leistungen der Freien Förderungen
- Förderung schwer zu erreichender junger Menschen
- Nachgehende Betreuung
- Leistungen nach anderen Vorschriften
Viele Hilfsmöglichkeiten
Den Jobcentern steht also eine weitgefächerte Klaviatur zur Verfügung – und das nicht erst seit Einführung des Bürgergelds, sondern auch schon zu Zeiten von Hartz IV. Dass trotzdem nur, wenn überhaupt, auf wenigen Tasten herumgeklimpert wird und 600 Millionen Euro – die fast 14 Prozent des Eingliederungsbudgets im Haushaltsplan 2023 ausmachen – nicht abgerufen werden, ist nur schwer nachvollziehbar.
Warum wurden die Mittel nicht abgerufen?
Der einzig akzeptable Grund, warum die Gelder ungenutzt blieben, wäre die Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen, die sich natürlich auch auf die Jobcenter und deren Arbeit ausgewirkt hat. Daneben gibt es eine Reihe weiterer möglicher Szenarien, die allesamt nicht gerade für die Effizienz der Behörden sprechen.
Entweder wissen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht, welche Möglichkeiten sie haben, Bürgergeld-Empfängern zu helfen. Oder sie wissen sehr wohl, welche Eingliederungsleistungen gewährt werden können, machen aber nicht darauf aufmerksam – weil die Zeit fehlt, man keine Lust hat oder den möglichen Mehraufwand scheut. Vielleicht hat man sich auch nur verrechnet.
Behörden sitzen auf dem Geld
Darüber zu diskutieren, wäre müßig. Es passt schlicht nicht zusammen, dass Betroffene, die auf das Bürgergeld oder andere Hilfen vom Jobcenter angewiesen sind, immer wieder bitten und betteln müssen. Schlimmstes Beispiel: Schwangeren Frauen wird jede Hilfe verweigert. Gleichzeitig sitzen die Behörden auf dem Geld.
Den eigenen Anspruch vergessen
Niemand verlangt, dass Steuergelder verprasst werden. Auch eine gewisse Sparsamkeit ist lobenswert. Hier geht es jedoch um menschliche Schicksale und nicht um Bleistifte, Büroklammern oder Papier. So wird man dem eigenen Anspruch, der mit dem Bürgergeld noch einmal unterstrichen wurde – „erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit zu unterstützen“ –, nicht gerecht. Ginge es indes um Spesen, wäre der Topf längst leer.
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