Gnadenlos: Wer die Stromrechnung nicht bezahlen kann, dem wird der „Saft“ abgedreht. Ob Kinder im Haushalt leben, spielt keine Rolle. Und die Politik sieht zu, obwohl Sozialverbände eindringlich auf die Problematik hinweisen und wie der VdK Härtefallfonds vorschlagen. Für Nadine und ihre achtjährige Tochter käme das zu spät. Die Bürgergeld-Empfängerin hat seit zwei Wochen keinen Strom mehr und wird auch vom Jobcenter im Stich gelassen.
Regelsatz deckt Stromkosten nicht
Der Fall von Nadine ist zwar komplex, steht aber für tausende Haushalte, denen ein ähnliches Schicksal droht. Denn der Regelsatz für Strom beläuft sich bei einem erwachsenen Single nur auf 40,74 Euro im Monat. Die tatsächlichen Stromkosten sind teilweise jedoch um über 50 Prozent höher als im Bürgergeld vorgesehen. Wie das – vor allem auf Dauer – funktionieren soll, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bislang noch nicht verraten.
Strompreis wird beim Bürgergeld zum Desaster
Kein zweites Darlehen des Jobcenters
Nadine wäre auf die Antwort sicherlich gespannt. Ihr hatte das Jobcenter laut Information des Vereins Sanktionsfrei bereits im Mai 2022 keine Nebenkosten anerkannt. Die Konsequenz: Zu Weihnachten wurde das Gas abgestellt. Dafür wurde vom Jobcenter ein Darlehen gewährt. Jetzt hat auch der Stromanbieter mit einer Stromsperre Tatsachen geschaffen. Dafür gibt es jedoch kein weiteres Darlehen. Und auch auf einen Härtefall kann sich die Bürgergeld-Empfängerin nicht berufen. Denn: Die Tochter von Nadine ist schließlich schon acht Jahre alt.
Mietzahlung zu gering
Die Probleme fingen an, als das Jobcenter für die Miete nur 365 Euro anerkannte, für zwei Personen. Damit drehte sich die Spirale der finanziellen Not immer schneller. Die Folgen ausbaden dürfen die Frau und ihre Tochter. Der Verein Sanktionsfrei kümmert sich darum. Die Notlage bleibt allerdings bestehen.
Bürgergeld bringt Menschen in blanke Not
„Die 40,74 Euro für Strom im Bürgergeld sind ein Witz und die Regelung bezüglich Darlehen bringen die Menschen in blanke Not“,
schreibt die Vereinsgründerin Helena Steinhaus. Mit diesen Worten richtet sie sich konkret an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Bundesarbeitsminister. Den Stromanbietern wirft Steinhaus vor, trotz Rekordgewinnen keine Gnade zu kennen.
Bürgergeld: das Dilemma mit den Stromkosten
Hunderte ähnliche Fälle
Wie schlimm die Lage ist, lässt sich nur schwer einschätzen. Sanktionsfrei bearbeitet laut eigener Aussage hunderter solcher Fälle und bittet daher um finanzielle Unterstützung. Doch auch bei der Caritas und anderen Organisationen, die vor Ort aktiv sind und unter anderem Bürgergeld Betroffene beraten, steigt die Zahl derer, die aufgrund der Stromrechnung Angst vor dem sozialen Abstieg haben.
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