Sie reden gegen eine Wand: Schon vor der Einführung des Bürgergelds hat der Sozialverband Deutschland die Regelsätze kritisiert und eine erneute Anpassung oder zumindest einen sofortigen Zuschlag von mindestens 100 Euro vorgeschlagen. Nach einem Vierteljahr und einer weiterhin galoppierenden Inflation hallt die Forderung ungehört weiter. Aufgegriffen wurde sie jetzt vom Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. Er spricht sich für einen Solidarzuschlag von mindestens 100 Euro für alle leistungsbeziehenden Personen aus.
21,8 Prozent Teuerung bei Nahrungsmitteln
Grund für die erneute Forderung: die Teuerung. Im Februar lag die Inflation bei voraussichtlich 8,7 Prozent. Nahrungsmitteln rissen mit 21,8 Prozent erneut die 20-Prozent-Marke und auch bei den Energiekosten stehen 19,1 Prozent zu Buche.
„Für arme Menschen sind das Horrorzahlen“,
schreibt Harald Thomé von Tacheles e. V. in seinem wöchentlichen Newsletter.
Bürgergeld: Inflation trifft Armutsbetroffene besonders hart
Regelsätze sichern nicht die Existenz
Die Konsequenz der enormen Preissteigerungen: Die Existenz von Millionen Menschen, die auf das Bürgergeld oder andere Leistungen vom Staat angewiesen sind, sei nicht mehr gedeckt. Deshalb seien dauerhafte Änderungen nötig. Punkt eins auf der Liste ist der Solidarzuschlag in Höhe von mindestens 100 Euro pro Monat.
Stromkosten aus den Regelleistungen nehmen
Überdies plädiert Tacheles dafür, die Stromkosten aus den Regelleistungen herauszunehmen und den Unterkunftskosten zuzuschlagen. Bis dahin könnten die Kosten oberhalb des Regelbedarfs für Strom als Mehrbedarf übernommen werden. Auch ein Aufrechnungsmoratorium hinsichtlich behördlicher Ansprüche, ein Wohnkostenlückenmoratorium sowie der zusätzliche Anspruch für Elektrogroßgeräte und die Modifikation des Anspruchs für einmalige Bedarfe zählen zu den geforderten Maßnahmen. Sie seien geeignet,
„die Lebenssituation von Millionen armer Menschen zu verbessern“.
Forderungen prallen der an der Regierung ab
All das sind Wünsche, die an der Regierung abprallen. Sie hat sich bislang eher abschätzig zur Forderung nach einem Sofortzuschlag geäußert und auf die Hilfspakete verwiesen. Und mit Blick auf den Regelsatz, der fair berechnet bei 725 Euro plus Strom liegen müsste, gibt es nur die Aussage der Grünen-Chefin Ricarda Lang, dass nachbessert werden müsse. Damit steht sie innerhalb der Ampel allein auf weiter Flur ist und gleicht eher der einsamen Ruferin in der Wüste.
Sorgen aller Bürger ernst nehmen
Dass in einer angespannten wirtschaftlichen Lage Forderungen nach höheren Sozialleistungen ein gespaltenes Echo hervorrufen, ist verständlich. Doch statt als Geringverdiener oder Rentner immer wieder gegen Bürgergeld Bedürftige zu schießen, was letztlich niemandem hilft, könnte man die Energie dafür aufwenden, sich für die eigenen Interessen starkzumachen.
Armutsbetroffene als Sündenbock
Denn auch für Senioren und Menschen mit geringem Einkommen stehen Forderungen im Raum, die nicht gehört werden. Beispiel: Steuerentlastungen, etwa durch höhere Freibeträge. Aber es ist deutlich einfacher zu behaupten, armutsbetroffene Menschen nehmen anderen die Butter vom Brot.
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