Chance vertan? Das Ringen um die Kindergrundsicherung scheint erfolglos zu bleiben. Jahrelang wurde dafür gekämpft, jetzt endlich ein Konzept vorgelegt. Das Ergebnis: kein Geld. Doch statt sich gegen das Veto des Bundesfinanzministers aufzulehnen, schweigen die Ampelpartner von Grünen und SPD. Sie schlucken die Kröte und zementieren damit die Armut in Deutschland. Denn das Bürgergeld sehe für Kinder, so der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Dr. Ulrich Schneider, nur „Armutssätze“ vor.
Die Pläne für die Kindergrundsicherung
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte den Vorschlag auf den Tisch gelegt. Dutzende familienpolitische Leistungen sollten zu einer fairen, armutsfesten Kindergrundsicherung gebündelt werden. Die Idee dazu verstaubt schon seit gefühlten Ewigkeiten in den Schubladen der Ministerien. Jetzt hätte man Nägel mit Köpfen machen und das Versprechen einhalten können, das man mit dem Koalitionsvertrag gegeben hatte.
Kinderzuschlag kommt bei Bedürftigen nicht an
Versprechen nicht eingehalten
„Wir wollen Familien stärken und mehr Kinder aus der Armut holen. Dafür führen wir eine Kindergrundsicherung ein“,
steht im Vertrag auf Seite fünf. Davon will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) heute nichts mehr wissen. Knapp zwölf Milliarden Euro würde die Umsetzung kosten. Dafür gebe es derzeit keinen Spielraum, lautet die lapidare Begründung für seine Ablehnung.
„Für Familien mit Kindern ist bereits viel passiert“,
so Lindner. Schon jetzt stünden jährlich sieben Milliarden Euro mehr für Familien und Kinder zur Verfügung.
Eltern müssten einfach arbeiten
Den Aspekt Kinderarmut, gerade vor dem Hintergrund des Bürgergelds, schiebt der Minister ebenso nonchalant beiseite. Er führt die Arbeitslosigkeit der Eltern als Grund für die Armut an und setzt daher auf die Integration in den Arbeitsmarkt. Indem man nur Geld umverteile, stoße man bei der Armutsbekämpfung irgendwann an Grenzen. Damit ist das Thema abgehakt.
Wut über Lindners Aussagen
Wut passt wohl, wenn man die Stimmung nach diesen Aussagen zusammenfassen möchte. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut oder ist von Armut bedroht. Dazu trägt auch das Bürgergeld bei. Denn die Regelsätze sind, so die einhellige Auffassung von Gewerkschaften und Sozialverbänden, nicht ausreichend, um das Problem an der Wurzel zu packen.
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Kindergeld wird auf Bürgergeld angerechnet
Auch der Hinweis von Christian Lindner auf Leistungen für Familien sind in dem Zusammenhang eher unüberlegt. Das Kindergeld wird vollständig auf das Bürgergeld angerechnet. Denn sowohl die eine als auch die andere finanzielle Leistung dient dazu, das Existenzminimum zu sichern. Die Sozialaktivistin Inge Hannemann von armutverbindet.de, betont:
„Er ignoriert, dass das Kindergeld und jede Erhöhung angerechnet wird. Dass genau diese Kinder und deren Eltern auch aus diesem Grund nicht aus der Kinderarmut kommen. Nicht immer ist eine Vermittlung in Arbeit möglich. Davon geht Lindner scheinbar aber aus.“
Mickrige Regelsätze sind Armutssätze
Weniger zurückhaltend und in seiner ganz eigenen Art reagierte Dr. Ulrich Schneider auf die Äußerungen des Ministers. Im Land mit der viertgrößten Wirtschaftsleistung zu erklären, es sei kein Geld vorhanden, um Kinderarmut zu beseitigen, sein einfach nur „zum Fremdschämen“.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wirft Schneider vor, zu schweigen. An Hubertus Heil gerichtet, betont der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: Würde sich der Minister äußern, müsste er eingestehen, „dass seine mickrigen Regelsätze für Kinder einfach nur Armutssätze sind“.
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