Die Pläne für das italienische Bürgergeld entzweien auch in Deutschland die Gesellschaft. Das gilt besonders für den Vorstoß von Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida. Im Namen der Regierungspartei „Fratelli d Italia“ schlägt er vor, junge Italiener auf die Felder zu schicken, damit sie nicht weiter faulenzen und vom Grundeinkommen profitieren. Hierzulande findet diese Idee viel Anklang. Es wird wieder einmal zu Zwangsarbeit für Betroffene aufgerufen.
Arbeiten oder hungern
„Reddito di cittadinanza“ nennt sich das Grundeinkommen oder Bürgergeld in Italien. Die Regierung von Giorgia Meloni hat diesbezüglich massive Änderungen angestoßen. Das Bürgergeld soll komplett abgeschafft werden. Schon in diesem Jahr gilt: Die Hilfe wird nur noch acht Monate lang gezahlt, wenn man in der Lage ist, zu arbeiten. Zudem muss man sechs Monate lang an einer Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahme teilnehmen. Ab 2024 wird die Unterstützung ganz gestrichen, wenn eine als angemessen geltende Arbeit abgelehnt wird.
Selbst ältere Bürger werden überprüft
Jeder, der in Italien auf das Bürgergeld angewiesen ist, soll genauer unter die Lupe genommen werden. Das gilt dann auch für ältere Menschen. Eine Grundrente erhalten Personen, die über 67 Jahre alt oder aber schwerbehindert sind und sich somit nicht selbst versorgen können. Übrigens: Die Leistung wird um bis zu 20 Prozent gekürzt, wenn das Bürgergeld nicht im auf den Auszahlungsmonat folgenden Monat ausgegeben wird.
Nicht länger faul auf der Couch liegen
Die Pläne der Regierung haben einen Sturm der Empörung ausgelöst. Neu entfacht wurde die Debatte durch die Aussagen des Landwirtschaftsministers. Junge Italiener müssten erkennen, dass es nicht unwürdig sei, auf dem Acker zu arbeiten.
„Dagegen ist es alles andere als ein Vorbild, nicht zu arbeiten, auf der Couch zu liegen und mit dem Bürgergeld auf den Schultern des Staates zu lasten“,
so Lollobrigida.
Gegenleistung für die Grundsicherung
Das erinnert an die Forderung des Vereins „Wirtschaftsrat der CDU“. Im August 2022 sprach sich dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ dafür aus, Hartz IV Bedürftige (heute Bürgergeld) zu einer Gegenleistung für die Grundsicherung, kurzum zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten.
CDU Arbeitspflicht: Gesunde Bürgergeld-Bedürftige müssen arbeiten
Twitter-Echo: gute Idee
Traurigerweise findet dieser Gedanke immer noch großen Anklang. „Gute Idee!“, kommentieren gleich mehrere Twitter-User die Pläne in Italien. Sie raten zu Arbeit auf den Feldern und Grünstreifen reinigen. Es gebe viel zu tun. Andere rufen zum Spargelstechen auf – was vor Jahren ebenfalls schon mal „offiziell“ laut angedacht wurde – und sprechen von einer vernünftigen Entscheidung. Denn: Es gebe genug Arbeit, für die man nicht unbedingt eine Qualifikation benötige.
„Sollte Schule machen, wir haben auch Personal-Mangel“, heißt es. Die Regierung in Italien mache Politik für die Steuerzahler, das sei fair. Und ganz deutlich:
„Ich bin auch für die Zwangsarbeit der Bürgergeldbezieher. Sie können das Geld behalten, wenn sie dafür entsprechende Arbeit über den ganzen Monat leisten!“
Das Bild des faulen Bürgergeld-Empfängers
Daran zeigt sich einmal mehr, wie sehr sich das Bild vom faulen Bürgergeld-Empfänger in den Köpfen eingebrannt hat. Fleißig befeuert von fragwürdigen TV-Formaten und Politikern, die ihrer Wählerschaft gefallen wollen. Den Blick für die Realität haben die meisten dadurch längst verloren.
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