Die Sichtweise auf Bürgergeld Bedürftige und Armutsbetroffene ist zumeist schwarz-weiß gefärbt. Statt zu fordern, möge man lieber arbeiten. Statt zu rauchen, lieber gesunde Lebensmittel kaufen. Und Geld für die Kinder wird direkt versoffen. Wer arm ist, benötigt ein dickes Fell. Doch längst nicht alle Vorurteile perlen einfach so ab. Sie machen viele Betroffene depressiv. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat die typischen Bürgergeld Stereotype deshalb aufgegriffen und widerlegt.
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In Deutschland gibt es keine Armut
Besonders ignorant sind jene, die das erste Vorurteil immer wieder lauthals kolportieren. Sie laufen offenbar völlig blind durch die Welt und behaupten: „In Deutschland gibt es doch gar keine Armut.“
Dieser Irrglaube beruhe auf einer Verwechslung von absoluter und relativer Armut. Die Weltbank spreche von absoluter Armut, wenn täglich weniger als 2,15 Dollar zur Verfügung stehen – das Minimum, um überhaupt zu überleben. Hierzulande werde indes von relativer Armut gesprochen, bei der die zur Verfügung stehenden Ressourcen von Arm und Reich in Relation gesetzt würden. Beispiel: Wer reich ist, kann dem Kind problemlos ein Fahrrad schenken und auf eine gesunde Ernährung achten. Armutsbetroffene und Bürgergeld Bedürftige seien damit bereits überfordert. Zur Information: Relative Armut betrifft 14,1 Millionen Menschen in Deutschland.
Armutsbetroffene können nicht mit Geld umgehen
Zu den finanziellen Möglichkeiten passt auch das zweite Vorurteil: „Arme Menschen geben Ihr Geld doch nur für die falschen Dinge aus.“ Hier werde verkannt, dass mit dem Bürgergeld oder einem knappen Budget Dinge, die für andere alltäglich und normal seien, nicht finanziert werden könnten. 2021 habe die Armutsschwelle für einen Ein-Personen-Haushalt mit Kleinkind bei 1.489 Euro gelegen. Dadurch sei man gezwungen, „äußerst sparsam“ zu leben.
Arbeit statt Bürgergeld
Heftig diskutiert wird darüber, wie man Bürgergeld Bedürftigen und Haushalten mit geringen finanziellen Möglichkeiten mehr Teilhabe ermöglichen kann. Die Antwort der Bürgergeld Kritiker: „Arme Menschen brauchen einen Job, keine Sozialleistungen.“
Auch diese Aussage zerpflückt der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem Magazin (Ausgabe 02/2023). Zweifelsohne stelle Arbeitslosigkeit ein Armutsrisiko dar. Daraus zu schließen, dass Arbeit Armut verhindere, sei jedoch falsch. Denn: Die Mehrheit der Armutsbetroffenen sei zu jung, zu alt, zu krank, in Ausbildung oder versorge andere. Hinzu kommen jene, die arbeiten und trotzdem arm sind. Das gilt für immerhin 25 Prozent der 14,1 Millionen Armutsbetroffenen.
Einfach nur faul
In die gleiche Kerbe schlägt das Vorteil „Arme Menschen haben nichts zu tun“. Bei dieser Aussage beschränke sich das Sichtfeld der Kritiker auf den Aspekt Arbeitsmarktintegration. Dabei seien viele Armutsbetroffene und Bürgergeld Bedürftige ehrenamtlich aktiv, pflegten Angehörige, betreuten Kinder, gingen zur Schule oder malochten – wie vorhin schon erwähnt – acht Stunden am Tag, um dann doch Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen zu müssen.
Bildung statt Geld
Ebenfalls sehr kurz gegriffen ist das Vorurteil „das beste Mittel gegen Kinderarmut ist Bildung“. Das gelte umso mehr, wenn man Geld gegen Bildung ausspiele. Bildung sei wichtig und helfe Kindern für die Zukunft. Das Bildungssystem müsse daher gleiche Chancen bieten. Allerdings sei es nur mit ausreichend Geld möglich, die materielle Not zu lindern und Kindern zu erlauben,
„an jenen Dingen teilzuhaben, die für ihre Freund*innen normal sind“,
schreibt der Referent für übergreifende Fachfragen, Dr. Jonas Pieper. Konkret gelte: Geld und Bildung seien im Kampf gegen Armut gleichermaßen wichtig.
Es wird weiter nach unten getreten
All diese Argumente sind hinreichend bekannt. Das Problem: Man kann sie noch so oft wiederholen. Die Bürgergeld Stereotype werden dadurch nicht verschwinden. Die Angst, durch höhere soziale Ausgaben nehme man allen anderen die Butter vom Brot, verleitet dazu, nach unten zu treten, statt die Probleme dort zu suchen, wo sie fabriziert werden: In der obersten Etage.
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