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Bürgergeld Regelsätze sind Armutssätze

Wechsel von Hartz IV auf Hartz V Regelsatz Armut

Von Licht und Schatten ist man beim Bürgergeld weit entfernt. Wenn überhaupt, ist es ein winziger Schimmer am Ende des Tunnels – und der ist nur für wenige Betroffene erreichbar. Die Sozialreform weg von Hartz IV hin zum Bürgergeld, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) immer wieder betont, als „größte der vergangenen 20 Jahre“ zu bezeichnen, ist daher völlig übertrieben. Das Fazit nach sechs Monaten fällt eher mau aus.

Unterdeckung bei Lebensmitteln und Strom

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Dr. Ulrich Schneider, hat von Anfang an kein Blatt vor den Mund genommen. Seine Kritik am Bürgergeld begann, noch bevor es überhaupt beschlossen worden war. Denn eines zeichnete sich in der Debatte um den Hartz-IV-Nachfolger früh ab: Teilhabe wird mit dem Bürgergeld nicht möglich sein. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die Regelsätze insbesondere mit Blick auf Nahrungsmittel und Strom für eine massive Unterdeckung sorgen.

Inflation bricht Bürgergeld-Empfängern das Genick

Unzureichende Reform

Aus dieser Warte betrachtet, war und ist die Bürgergeldreform völlig unzureichend. Dr. Ulrich Schneider brachte es im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auf den Punkt:

„Hartz IV ist auch nach dem 1. Januar 2023 Hartz IV geblieben.“

Denn an den Grundproblemen habe sich nichts geändert.

Für faire Regelbedarfe

Einerseits, so der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, seien die Regelsätze in „keiner Weise bedarfsdeckend“. Es handle sich vielmehr um Armutssätze. Deshalb fordern die Sozialverbände in Deutschland schon seit Monaten eine Anhebung auf 725 Euro plus die Übernahme der Stromkosten – wobei selbst diese Summe in Anbetracht der Inflation nicht mehr ausreichen würde. Nach unseren eigenen Berechnungen läge der monatliche Regelsatz – hochgerechnet auf der Basis von 725 Euro – bei 806 Euro Bürgergeld Regelbedarf in der Regelbedarfsstufe 1.

Gegen Leistungsminderungen

Andererseits stelle das Bürgergeld nach wie vor ein misanthropisches Sanktionsregime dar. Es folge einer „schwarzen Pädagogik“. Konkret: Die Leistungsminderungen – vorher nannte man die Kürzungen noch Sanktionen – stünden dem Umbau von Hartz IV zu einem echten Hilfesystem entgegen.

Der Streit um die Sanktionen

Mit dem Wunsch, auf Leistungsminderungen zu verzichten, steht der Paritätische Gesamtverband nicht allein auf weiter Flur. Vereine wie Sanktionsfrei und die Partei „Die Linke“ plädieren seit Jahren dafür. Das hat im Kontext des Bürgergelds aber herzlich wenig gebracht. Auf Drängen der Unionsparteien wurde das Thema Leistungsminderungen kurz vor Toresschluss noch einmal verschärft. Und ginge es nach CDU und AfD, müssten die Jobcenter noch radikaler kürzen.

Für Verbesserungen fehlt das Geld

Ein wenig Hoffnung besteht seitens des Paritätischen Gesamtverbandes angesichts der Neuerungen, die jetzt zum 1. Juli 2023 in Kraft getreten sind. Sie stellten nennenswerte Verbesserungen dar – etwa die finanzielle Unterstützung bei Weiterbildungen. Aber: Diese Instrumente nützten wenig, wenn das Geld fehle, um sie einzusetzen. Fazit von Dr. Ulrich Schneider:

„Unter dem Strich stellt das Bürgergeld damit in erster Linie einen Polit-Euphemismus dar.“

Bild: FrankHH/ shutterstock.com

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