Kosten verschwinden nicht einfach, selbst dann nicht, wenn man mit zwei Töpfen jongliert und hofft, irgendwas fällt schon hinten über. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wagt es trotzdem. Die Steuerzahler sollen um 900 Millionen Euro entlastet werden. Dabei verschiebt er den Posten nur Richtung derer, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung leisten. Bei dem Streit geht es um die Leistungen, die für junge Bürgergeld Bedürftige unter 25 Jahren gedacht sind.
Arbeitsagentur statt Jobcenter
Wie dieser Trick funktioniert? Die Beratung wird kurzerhand ausgelagert. Weg von den Jobcentern hin zu den Arbeitsagenturen. Dadurch ändern sich nicht nur die Zuständigkeiten, sondern auch die gesetzlichen Grundlagen. Leistungen, wie sie von den Jobcentern erbracht werden, fallen unter das Sozialgesetzbuch II und sind steuerfinanziert. Sobald die jungen Bürgergeld Bedürftigen im Schoss der Arbeitsagentur sind, handelt es sich bei den Einstiegsqualifizierungen um Leistungen nach dem SGB III – und für die müssen die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung aufkommen.
Jobcenter zweigen Bürgergeld Fördergelder in eigene Verwaltung
Wechsel macht keinen Sinn
Die Jobcenter Personalräte schlagen angesichts dieser Taktik die Hände über dem Kopf zusammen. In einem gemeinsamen Schreiben an Bundesarbeitsminister Heil und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), das dem Handelsblatt vorliegt, machen sie ihrem Unmut Luft:
„Wirklich arbeitsmarkt- und sozialpolitisch Sinn macht dieser rein haushaltspolitisch motivierte Taschenspielertrick nicht.“
Beratungsqualität wird leiden
Auch seitens der Opposition, etwa Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe, hat man wenig Verständnis dafür, statt der Steuerzahler jetzt die Beitragszahler zu belasten. Dass Bürgergeld Bedürftige unter 25 Jahren bei der beruflichen Eingliederung und der entsprechenden Förderung künftig von den Arbeitsagenturen betreut werden sollen, lehnen die Experten daher ab. Das gilt besonders für jene, die das Kuddelmuddel ausbaden müssen – die Mitarbeiter der Jobcenter.
Zwei Anlaufstellen
Die bisherigen Berater hätten die nötige Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen, deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt oft durch psychische Probleme, Sucht oder anderen Schwierigkeiten erschwert werde. Würde diese Aufgabe den Arbeitsagenturen überlassen, so die Personalräte, drohe ein Verlust der Beratungsqualität. Hinzu komme, dass Betroffene dann zwei Anlaufstellen hätten – weil die Grundsicherungsleistungen für die Bürgergeld Bedürftigen auch weiterhin Sache der Jobcenter wären.
Finanzdecke der BA in Gefahr
Den Personalräten geht es bei der Debatte auch um die Finanzdecke der Bundesagentur für Arbeit (BA). Eine Verschiebung der Zuständigkeit berge finanzielle Risiken. Für die BA werde es dann zunehmende schwerer, Rücklagen zu bilden. Käme es zur Krise, wäre ein Darlehen oder ein Zuschuss vom Bund nötig. Kosten, die dann wieder der Steuerzahler trägt.
Bürgergeld ordentlich ausfinanzieren
Der Tipp der Personalräte: Statt die Zusammenlegung der Kompetenzen, einem der grundlegenden Eckpfeiler der Sozialpolitik, für die Kassenlage zu opfern, wäre es zwingend nötig, das Bürgergeld über Steuermittel zu finanzieren. Und, mahnt Hermann Gröhe: Die erfolgreichen Leistungen für schwer erreichbare Jugendliche in der Grundsicherung müssten endlich als Regelleistung zugänglich gemacht werden. Denn nur mit perfekt zugeschnittenen Hilfeleistungen schaffe man es, dass Betroffene eine Beschäftigung finden.
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