Die Versäumnisse der Bundesregierung beim sozialen Wohnungsbau in Verbindung mit der Tatsache, dass die Grenzwerte für angemessenen Wohnraum vielfach unrealistisch sind, kommen Bürgergeld Bedürftige teuer zu stehen. Die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) und den übernommenen Kosten summierte sich 2022 auf einen Betrag von 382 Millionen Euro. Betroffen davon: 338.000 Bedarfsgemeinschaften und somit 13,5 Prozent aller Bürgergeldempfänger.
Linksfraktion fragte beharrlich nach
Die Zahlen setzen eine lange Reihe fort, in der die Wohnkostenlücke näher beleuchtet wurde. Sie beziffert den Betrag, den Bürgergeld Bedürftige aus eigener Tasche aufbringen müssen, wenn das Jobcenter die Wohnung als unangemessen teuer oder als zu groß bewertet und daher nur einen Teil der Kosten trägt. Diesem Thema hatte sich über Jahre hinweg die Linksfraktion im Deutschen Bundestag gewidmet, die inzwischen aufgelöst ist. Sie hat mit Anfragen für Klarheit sorgen wollen.
Die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2022
In der Anfrage (Drucksache 20/8931, vom 19.10.2023) ging es um die Daten für das Jahr 2022. Diese Anfrage umfasste insgesamt 35 Unterpunkte, die das Problem der Wohnkostenlücke aus allen Winkeln beleuchten. Inzwischen liegt auch die Antwort der Bundesregierung vor (Drucksache 20/8447, vom 22.11.2023) und liefert Zahlen, die vor allem eines unterstreichen: Das Problem, dass Wohnraum für immer mehr Haushalte nicht mehr bezahlbar ist und viele Bürgergeld Bedarfsgemeinschaften über Gebühr belastet.
Die Probleme bei Bürgergeldbezug
Diesbezüglich sind Bürgergeldempfänger gleich auf zweierlei Weise gelackmeiert. Punkt eins betrifft nahezu jeden bundesdeutschen Haushalt: Es fehlt schlichtweg an Wohnungen. Punkt zwei ist indes bürgergeldspezifisch. Denn mit Ausnahme der Karenzzeit von zwölf Monaten, während der die Angemessenheit des Wohnraums nicht überprüft wird (das gilt nicht für die Heizkosten, die auch im ersten Jahr angemessen sein müssen) schauen die Jobcenter sehr genau auf die Kosten.
Überschreiten die Ausgaben für Unterkunft und Heizung die vom Jobcenter gezogenen Grenzwerte, wird ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet. Dann bleiben sechs Monate, um die Kosten zu senken bzw. sich eine günstigere Wohnung zu suchen. Da man kaum etwas findet und die gewohnte Umgebung nur ungern verlässt, beißen viele in den sauren Apfel und zahlen die Differenz aus eigener Tasche.
338.000 betroffene Bedarfsgemeinschaften
Das galt 2022 für 338.000 Bedarfsgemeinschaften. Im Schnitt haben Betroffene 94 Euro monatlich vom Regelsatz nehmen müssen, um in der Wohnung bleiben zu können. Das entspricht über alle Bedarfsgemeinschaften hinweg einem Anteil von 15 Prozent. Differenziert nach Unterkunft und Heizung, liegt die Unterdeckung bei den reinen Mietkosten bei 101 Euro im Monat (21 Prozent) und bei den Heizkosten bei 41 Euro (33 Prozent).
Unterdeckung von über 100 Euro im Monat
Bei Einpersonenhaushalten ergab sich eine Wohnkostenlücke von 81 Euro monatlich (17 Prozent), bei Bedarfsgemeinschaften mit Kindern von 111 Euro (14 Prozent) und bei Alleinerziehenden von 103 Euro (14 Prozent). Auffallend ist überdies, dass bei Familien mit Kindern der Wohnraum oft zu klein ist. 21.000 von insgesamt 129.000 Partner-Bedarfsgemeinschaften mit zwei Kindern leben auf unter 60 Quadratmetern – das sind 20 Quadratmeter weniger als die landesrechtlichen Vorgaben für die soziale Wohnraumförderung als Maximum vorsehen.
Probleme bleiben bestehen
Diese Probleme werden noch lange bestehen bleiben, weil die Mieten kontinuierlich steigen – vom zweiten zum dritten Quartal 2023 laut Wohnbarometer von ImmoScout24 um bis zu 2,7 Prozent. Gleichzeitig hinken die Jobcenter hinterher, die Obergrenzen an die tatsächlichen Mietkosten anzupassen. Hier bedarf es deutlich mehr Weitsicht und der Einsicht, dass der Wohnungsmarkt für Armutsbetroffene immer schwieriger wird.
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