Die Inflation ist tückisch und hat in den vergangenen Monaten allen Haushalten das Leben schwer gemacht. Prognosen, wie sich die Teuerung entwickelt, sind kaum möglich – aber nötig. Auf dem politischen Parkett fließen die Vorhersagen unter anderem in die Fortschreibung des Bürgergelds ein. Spannend ist, wie auf Fehleinschätzungen reagiert wird. Bei den Ärmsten wird sofort mit dem Rotstift gedroht. Besserverdiener indes müssen offenbar keine Schlechterstellung befürchten.
Von zu hohen Werten ausgegangen
Angesichts der galoppierenden Inflation, die bei Lebensmitteln und Strom über Monate hinweg jenseits der 20 Prozent lag, waren die Prognosen eher düster. Sowohl im Finanz- als auch im Arbeits- und Sozialministerium ging man davon aus, dass die Teuerung uns noch eine Weile drangsalieren wird. Daher wurde von höheren Werten ausgegangen, um auf allen Ebenen einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen.
Ungewollte Ausgaben
Jetzt zeigt die Inflation allen eine lange Nase und hält sich eher zurück. Kurzum: Die Berechnungen basieren auf zu pessimistischen Daten. Das kostet den Staat Geld, und daran mangelt es der Ampelregierung. Daher hat es nicht allzu lange gedauert, bis wieder einmal auf die Haushalte eingeprügelt wurde, die nachweislich am stärksten unter der Inflation gelitten haben: Bürgergeld Bedürftige.
Fortschreibung der Regelsätze einfrieren
War die Fortschreibung der Regelsätze von 2023 zu 2024 um knapp zwölf Prozentpunkte schon vorher ein Streitthema, ist die Debatte jetzt neu entfacht, ob der Regelbedarf nicht zu hoch ist. Statt die kommenden Monate erst einmal abzuwarten, fand Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sofort eine Lösung, um die aus seiner Sicht unangemessen hohe Anpassung zu kompensieren. Er plädiert für eine Bürgergeld Nullrunde im Jahr 2025. Damit spricht er seinen Parteikollegen und der Union aus der Seele – und setzt Betroffene massiv unter Druck.
Steuerentlastungen bleiben
Aber: Auch die Glaskugel von Christian Lindner war offenbar beschlagen, als er Steuersenkungen und Entlastungen auf Basis der Inflation kalkulierte. Auch er hat bei seinen Berechnungen zu hohe Inflationsraten unterstellt. Davon profitieren vor allem Haushalte mit höherem Einkommen. Dass auch an dieser Stellschraube gedreht werden könnte, hat der Bundesfinanzminister bislang noch nicht kundgetan.
Finanzielle Mittel für das Kindergeld
Stattdessen hat eine Hamburger Bundesratsinitiative auf die Option aufmerksam gemacht. Der Spitzensteuersatz soll bereits ab 62.809 Euro gelten und nicht erst, wie im Rahmen der Tarifentlastung 2024 beschlossen, bei 66.760 Euro. Mit den zusätzlichen Mitteln könnte eine Kindergeld Erhöhung finanziert werden.
Zweierlei Maß
Das wäre eine sehr bittere Pille für die Klientel der FDP. Ob Christian Lindner sie deshalb bis heute im Giftschrank gelassen hat? Es ist ja auch viel einfacher, Bürgergeld Bedürftigen den „schwarzen Peter“ zuzuschieben, und damit eindrucksvoll zu beweisen, dass politisch immer öfter mit zweierlei Maß gemessen wird.
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