113 Milliarden Euro: So hoch ist der geschätzte Schaden, der in Deutschland Jahr für Jahr durch Sozial- und Steuerbetrug entsteht. Schwarzarbeit, zu Unrecht bezogenes Bürgergeld – die Liste ist lang. So wichtig es ist, auf dieses Problem aufmerksam zu machen und den Betrug im Keim zu ersticken, so wenig wird differenziert. Das bekommen Bürgergeld Bedürftige täglich zu spüren. Sie können noch so ehrlich sein, dennoch stehen sie unter Generalverdacht, den Staat auszunutzen.
Einzelfälle kochen hoch
Das Thema Bürgergeld Betrug simmert ständig auf kleiner Flamme. Gelegentlich kocht es hoch und sorgt dann für Skandale, die weite Kreise ziehen und nur allzu gerne dazu genutzt werden, den Sozialstaat infrage zu stellen. So wie jetzt: Eine ukrainische Familie soll 40.000 Euro Bürgergeld bezogen, aber gar nicht mehr in Deutschland gelebt haben. Plus falsche Kriegsflüchtlinge. Oder, das andere „typische“ Beispiel: Südosteuropäer, die bandenmäßig Sozialbetrug begehen.
Täter sind zu zwei Drittel Deutsche
Schaut man unter die Oberfläche, dann ist Betrug rund um das Bürgergeld und Hartz IV an der Tagesordnung. Bei den Tätern handelt es sich – anders als vielfach angenommen – vornehmlich um Deutsche, sagte der Ökonom Friedrich Schneider von der Universität Linz gegenüber „ZDF heute“. Kurzum: Einheimische begehen zwei Drittel aller Fälle von Sozialbetrag oder Schwarzarbeit.
Häufig Überzahlungsfälle
Im Kontext des Bürgergelds geht es dabei vor allem um sogenannte Überzahlungsfälle. Das heißt, es wird eine Sozialleistung bezogen, obwohl kein Anspruch besteht. Etwa, weil es Einkünfte aus Arbeit gibt oder eine Rente gezahlt wird. Diese Betrugsversuche fliegen dank eines engmaschigen Datenabgleichs auf. In vier Jahren wurden 9,1 Datensätze übermittelt (wir berichteten), um verschwiegene Einnahmen aufzudecken.
Tätersuche mittels Datenabgleich
2022 waren es 1,3 Millionen Datenabgleiche, bei denen 82.000 Überzahlungen ermittelt wurden. Davon wurden 40.000 durch die Justiz und den Zoll geprüft. Wer erwischt und für schuldig erklärt wird, muss mit harten Strafen rechnen. Die Spanne reicht von Geld- bis hin zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren oder in schweren Fällen bis zu zehn Jahren. 2022 wurden 93-mal Freiheitsstrafen und 4.200-mal Geldstrafen verhängt.
Enormer Schaden
Der Schaden, der entsteht, ist enorm. Handfeste Zahlen gibt es allerdings kaum, nur grobe Hochrechnungen. Die Bundesagentur für Arbeit nennt für 2022 einen Vermögensschaden von 272,5 Millionen Euro, der Zoll von 87,9 Millionen Euro.
113 Milliarden Euro mit Steuerbetrug
Der Experte Friedrich Schneider nennt diese Zahlen zwar „aussagekräftig“. Nicht berücksichtigt würde indes die hohe Dunkelziffer. Bei Sozialbetrug und Schwarzarbeit gebe es fließende Grenzen. Der Ökonom kommt bei seinen Berechnungen, die auch den Steuerbetrug umfassen, auf 113 Milliarden Euro. Sein Fazit: Es lohnt
„sich aber viel mehr Steuerhinterziehung zu bekämpfen, weil da steckt deutlich mehr Geld drin“.
Allerdings werde Sozialbetrug, etwa beim Bürgergeld, als unmoralischer angesehen als Steuerbetrug. Schlichtweg weil, Sozialbetrug greifbarer sei. In anderen Worten: Bei Sozial- und Steuerbetrug wird mit zweierlei Maß gemessen.
Das muss sich ändern. Würde man nicht nur gegen Bürgergeld Bedürftige hetzen, sondern auch Steuerbetrüger in den Fokus nehmen: Die Staatskasse wäre rappelvoll.
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