Zum Inhalt springen

Bürgergeld: Jobcenter muss nur angemessene Bruttowarmmiete nennen

Mann schaut nachdenklich vom Balkon eines Hochhauses

Ärger mit dem Jobcenter aufgrund unangemessen hoher Miet- oder Heizkosten ist beinahe schon an der Tagesordnung. Spätestens wenn die Behörde ein Kostensenkungsverfahren einleitet, sollten Bürgergeld Bedürftige aktiv werden. Das Problem: Aus der Aufforderung muss nicht hervorgehen, welche Kosten beanstandet werden. Es reicht, so ein Urteil des Bundessozialgerichts, völlig aus, die als angemessen geltende Bruttowarmmiete zu beziffern. Damit sei die Aufklärungs- und Warnfunktion erfüllt. Das macht Betroffenen das Leben nicht gerade leichter.

Jobcenter rügt zu hohe Kosten

Der Fall: Mutter und Tochter wohnten in einer knapp 64 Quadratmeter großen Wohnung, die über eine zentrale Heizungsanlage mit Raumwärme und Warmwasser versorgt wird. Das Jobcenter forderte die Bürgergeld Bedürftigen auf, die Kosten auf 444 Euro Bruttowarmmiete zu senken. Die tatsächlichen Kosten lagen deutlich darüber. Die Gesamtkosten von 679,01 Euro gliederten sich ab Juli 2012 auf 341,01 Nettokaltmiete, 124,00 Euro Vorauszahlung Betriebskosten und 214,00 Euro Vorauszahlung Heizkosten. Ab Januar 2013 stiegen die Kosten auf insgesamt 687,35 Euro (349,35/124/214).

Landessozialgericht rechnet nach

Die Frauen beschritten den Klageweg, der bis zum Bundessozialgericht führte. Während das Sozialgericht sich der Argumentation des Jobcenters anschloss, schaute das Landessozialgericht etwas genauer auf die Zahlen. Die Kaltmiete an sich wurde nicht beanstandet. Die Kosten für Heizung und Warmwasser seien jedoch zu hoch.

Angemessen seien monatlich 108,65 Euro. Aufgeteilt in 80 Euro für die reinen Heizkosten gemäß bundesweitem Heizspiegel plus 28,65 Euro für die Warmwasserzeugung entsprechend der Wohnungsgröße und der Daten aus dem Berliner Mietspiegel von 2011. Das Jobcenter musste daraufhin 61,70 Euro mehr überweisen. Gleichzeitig betonte das LSG, die Aufforderung zur Kostensenkung sei ordnungsgemäß erfolgt und ein Umzug wäre nicht unzumutbar gewesen.

Keine Aufschlüsselung nötig

Die Revision vor dem Bundessozialgericht begründeten die auf Hartz IV, heute Bürgergeld, angewiesenen Frauen unter anderem damit, dass nicht explizit auf die Unangemessenheit der Heizkosten hingewiesen worden sei. Dem widersprachen die obersten Sozialrichter. Auch sie machten deutlich, dass das Kostensenkungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Es genüge die Information zu der als angemessen erachteten Bruttowarmmiete:

„Einer Aufschlüsselung in angemessene Kosten der Nettokaltmiete, der Betriebskosten sowie der Heizung und des Warmwassers bedurfte es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht.“

Komplexe Berechnungen

Gleichzeitig wurde die Rechnung des Landessozialgerichts hinsichtlich der Warmwasserkosten moniert. Das Ergebnis über der Grenze des abstrakt Angemessenen. Die Berechnung hätte nicht anhand der Wohnungsgröße erfolgen dürfen, sondern auf Basis der Personenzahl und der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Höchstwerte zum Energieverbrauch für Warmwasser je Haushaltsmitglied – plus Zuschlag für verbrauchsabhängige Nebenkosten. Die vom LSG erlaubten und die tatsächlichen Kosten lägen höher.

Verfahrensgang:

  • Bundessozialgericht, Aktenzeichen B 4 AS 18/22 R vom 28. Februar 2024.
  • Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Aktenzeichen L 32 AS 2845/16 vom 31. Mai 2022.
  • Sozialgericht Berlin, Aktenzeichen S 107 AS 6489/13 vom 27.10.2016.

Bild: corners74/ shutterstock