Das Bürgergeld scheint das drängendste Problem unserer Zeit zu sein – oder zumindest das oberste Wahlkampfthema von CDU und CSU. Die Union verwendet sehr viel Zeit darauf, gegen den Hartz IV Nachfolger zu wettern, und hat jetzt eine vierseitige Beschlussvorlage erarbeitet. Der Plan sieht vor, das Bürgergeld umzubenennen, Betroffene gewissermaßen zu entmündigen und mit dauerhaftem Geldentzug wieder in die Spur zu bringen. Das wäre dann die Reform der Reform mit deutlich mehr Peitsche und weniger Zuckerbrot.
Fördern und Fordern wiederbeleben
Wäre die Beschlussvorlage der Union zur Abschaffung des Bürgergelds nicht mit „Neue Grundsicherung“ überschrieben, würde auch „Fördern und Fordern“ passen. Denn genau darum geht es CDU-Chef Friedrich Merz und seinen Mitstreitern. Spätestens seit die Bürgergeld Regelsätze für dieses Jahr um zwölf Prozentpunkte angehoben wurden, ist die soziale Sicherung CDU und CSU ein Dorn im Auge. Sie wollen zurück zu Hartz IV, allerdings mit neuem Namen. Der würde dann wie der Titel des Papiers lauten: „Neue Grundsicherung“.
Zurück zum Armenhaus
Während man beim Bürgergeld noch von altem Wein in neuen Schläuchen sprechen konnte, käme die von der Union angestrebte Reform einem gewaltigen Rückschritt Richtung Armenhaus gleich. Denn es geht nicht nur um den Namen, der aus Sicht von Friedrich Merz zu sehr an ein bedingungsloses Grundeinkommen erinnert. Das gesamte Konzept, das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erarbeitet und umgesetzt wurde, passt dem CDU-Chef nicht.
„Dieses Konzept lehnen wir klar ab“,
sagte er der „Bild“-Zeitung.
Dauerhafte Totalsanktionierung
Was soll nun passieren? Um es drastisch zu formulieren: Langzeitarbeitslosen soll so richtig Feuer unter dem Hintern gemacht werden. Sie stehen im Fokus der von CDU und CSU geplanten Rückabwicklung des Bürgergelds. Wer arbeitsfähig ist und sich weigert, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, soll leer ausgehen. Nicht nur zwei Monate, wie es aktuell der Fall ist. Nein: Bis auf die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen die Leistungen dauerhaft gestrichen werden. In Schutz genommen werden sollen lediglich Kinder und Partner der Arbeitsverweigerer.
Kein Geld bei Meldeversäumnissen
Die Totalsanktionierung soll überdies greifen, wenn man mehrfach Termine im Jobcenter nicht wahrnimmt und sich drei Monate nicht meldet. Nur für jene, die mit dem Amt kooperieren und den Anweisungen Folge leisten, gibt es wieder Geld. Ziel der Union: Betroffene sollen „schnell wieder ohne die Unterstützung der Solidargemeinschaft auskommen“.
Die Mehrheit will arbeiten
Dabei legt die Union großen Wert darauf, dass die Maßnahmen nur auf eine Minderheit zielen, die das System ausnutze, es in Verruf bringe und sich nicht an Regeln halte. Hier gelte: Wer Arbeit ablehne, sei auch nicht bedürftig. Oder anders ausgedrückt: Wer Hilfe benötige, dem werde auch geholfen. Denn „die große Mehrheit der Menschen in der Grundsicherung will arbeiten und versucht, das System zu verlassen“, heißt es in dem Papier.
Keine Karenzzeit mehr
Änderungen sind ferner beim Thema Vermögen geplant. Die Prüfung der Vermögenswerte soll wieder direkt mit dem Antrag erfolgen. Damit entfällt die beim Bürgergeld eingeführte Karenzzeit. Künftig würden dann auch die Grenzwerte für das Schonvermögen nach unten korrigiert. Um sicherzustellen, dass nicht doch mehr Geld auf dem Konto lagert, ist ein „vollständiger Datenaustausch“ aller Behörden, Banken und Verwaltungen vorgesehen.
Zu konkreten Zahlen oder Regelsätzen bei der neuen Grundsicherung äußert sich die Union indes nicht. Man darf allerdings davon ausgehen, dass mit der Peitsche auch gleich der Rotstift ausgepackt wird.
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