Fünf Seiten, die es in sich haben: Der Bundesvorstand der CDU Deutschlands hat am 18. März seine Pläne für „Die Neue Grundsicherung“ vorgestellt, mit der das Bürgergeld abgelöst werden soll. Das umstrittene Konzept sieht unter anderem Leistungskürzungen von 100 Prozent vor und setzt auf einen „aktivierenden Sozialstaat“. Verkauft werden die Vorschläge, die für Betroffene auf ein „friss oder stirb“ hinauslaufen, unter dem Deckmantel eines christlichen Menschenbilds.
Das Bürgergeld alimentiert
Anlass dafür, sich überhaupt Gedanken um Bedürftige zu machen: das Bürgergeld. Es steht aus Sicht der CDU für schlechte Sozialpolitik. Die möchte man beenden. Denn nur eine gute Sozialpolitik mache eine Gesellschaft stärker und widerstandsfähiger. Sie helfe jedem, sich mit seinen Talenten und Fähigkeiten einzubringen. Das sei derzeit nicht der Fall. Stattdessen würde alimentiert.
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Fleißige sind frustriert
Interessant ist die Begründung für das geplante Bürgergeld-Aus: Fleißige seien frustriert und dadurch die Bereitschaft zur Solidarität geschwächt. Kurzum: Weil die Wähler das Bürgergeld für unangemessen halten, muss es weg. Und da überdies alle Betroffenen faul sind, braucht es deutlich mehr Härte. All das findet sich dann – mit wenigen durchaus sinnvollen Ansätzen – in der neuen Grundsicherung wieder. Sie soll auf dem Prinzip von Fördern und Fordern fußen, um Menschen zu helfen, „ihren Lebensunterhalt wieder aus eigener Kraft zu bestreiten“. Denn die Mehrheit sei um Arbeit bemüht, während eine Minderheit das System in Verruf bringe.
Neuer Name
Konkret vorgesehen ist, den Namen Bürgergeld zu streichen, weil er ans bedingungslose Grundeinkommen erinnere. Ein solches Konzept lehnt die CDU klar ab. Neuer Name: neue Grundsicherung. Damit sollen bessere Arbeitsanreize einhergehen und höhere Hinzuverdienstgrenzen definiert werden. Ein Wunsch, den im Rahmen des Bürgergelds schon die FDP geäußert hatte.
Fokus auf der Vermittlung
Entscheidend aber ist, es soll vor allem vermittelt werden.
„Das Ziel muss die Vermittlung in Arbeit sein“,
heißt es auf Seite drei des Papiers. Nötig sei dafür eine intensive und qualifizierende Unterstützung durch eine höhere Beratungsdichte und eine bessere finanzielle Ausstattung der Jobcenter. Wichtig sei, Hindernisse für die Arbeitsaufnahme zu überwinden und durch verbindliche Eingliederungsvereinbarungen die Rechte und Pflichten klar zu regeln. Diesbezüglich sollen viele Prozesse automatisiert und dafür der Datenschutz überarbeitet werden – damit
„die Ressourcen im Jobcenter nicht in unnötig komplizierte Berechnungen von Auszahlungen anstatt in die Betreuung von Arbeitssuchenden fließen“.
Für Asylsuchende gilt mit der neuen Grundsicherung, dass fehlende Deutschkenntnisse der Aufnahme einer Arbeit nicht mehr entgegenstehen sollen. Der Spracherwerb finde ohnehin im Arbeitsalltag statt. Um das zu gewährleisten, müsse die Kinderbetreuung sichergestellt sein und für gute Bildung gesorgt werden.
100-Prozent-Sanktionen
Wem die neuen Regeln nicht schmecken, der bekommt von der CDU eine besonders bittere Pille:
„Sanktionen als Mittel für Akzeptanz“.
Sanktionen sollen schneller, einfacher und unbürokratischer durchsetzbar sein. Wer ohne sachlichen Grund eine zumutbare Arbeit ablehnt, erhält kein Geld mehr. Dann gehe man davon aus, dass die betroffene Person nicht mehr bedürftig ist. Gleiches gilt, wenn man Termine nicht wahrnimmt. Dann wird das Geld zurückgehalten – bereits bei einem Fehltermin. Nach drei Monaten ohne Kontakt zum Jobcenter könne man nicht mehr von Hilfebedürftigkeit ausgehen.
„Damit wollen wir zur Mitarbeit motivieren“,
so die CDU.
Hilfe nur für Bedürftige
Hilfe gibt es generell nur noch für jene, die sie auch benötigen. Daher wird die Vermögensprüfung ab dem ersten Tag wieder eingeführt. Zudem soll Sozialleistungsmissbrauch bekämpft werden. Auch die Anpassung der Regelsätze möchte die CDU modernisieren und dabei Extreme verhindern (gemeint sind plus 12 Prozent zum 1. Januar 2024). Abschließend soll das Nebeneinander von Bürgergeld, Wohngeld, Kindergeld und Co. beendet und ein einziges System der Grundsicherung etabliert werden.
Was ist daran christlich?
Da hat sich die CDU viel vorgenommen. Wie sich der christliche Grundgedanke damit vereinbaren lässt, dass aufgrund weniger Extrembeispiele gleich alle Bürgergeldempfänger unter Generalverdacht gestellt werden, erklärt das Konzept nicht. Auch nicht, inwiefern es christlich ist, Menschen selbst das Existenzminimum streichen zu wollen. Fragen, die auch schon Thomas Wasilewski als Betroffener bei „Hart aber fair“ gestellt hat – ohne eine brauchbare Antwort zu erhalten.
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