Im Schnitt 107 Euro – in der Spitze sogar bis zu 338 Euro – monatlich mussten Bürgergeld Haushalte bei der Miete aus dem Regelbedarf draufzahlen – dies zeigt die Diskrepanz zwischen angemessenen Wohnkosten im Sinne des SGB II und den tatsächlichen, realen Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt. Die Wohnkostenlücke wird bei den Vorgaben zum Bürgergeld nicht angemessen berücksichtigt.
Jede neunte Bürgergeld Bedarfsgemeinschaft (325.000) musste 2023 im Schnitt 107 Euro monatlich aus eigener Tasche für Miete und Heizung zahlen, weil die Wohnung vom Amt als unangemessen bewertet wurde – in 2022 lag dieser Wert noch bei durchschnittlich 94 Euro, ein Anstieg binnen eines Jahres um knapp 14 Prozent. Denn übernommen werden nur Kosten in angemessener Höhe – den Rest muss man an anderer Stelle sparen. Das Problem: Die Mieten steigen schneller, als die Behörden die Angemessenheitswerte neu definieren.
Bürgergeld Mietobergrenzen – so hoch darf die Miete sein
Die Wohnkostenlücke
Die Linken-Politikerin Caren Lay hat in der Tradition ihrer früheren Partei bei der Bundesregierung angefragt, ob und in welcher Höhe Bürgergeld Bedürftige bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) draufzahlen. Das Ergebnis deckt sich mit den Erfahrungen der vergangenen Jahre. Viele Haushalte sind aufgrund der enormen Wohnkostenlücke gezwungen, einen Teil vom Bürgergeld Regelsatz zu verwenden, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben.
Wenn die Wohnung nicht angemessen ist
Sobald das Jobcenter der Überzeugung ist, eine Wohnung sei unangemessen teuer, leitet es ein Kostensenkungsverfahren ein. Dann kann man sich eine angemessene Bleibe suchen, was gerade in Städten nahezu unmöglich ist. Oder – wie die 325.000 Bedarfsgemeinschaften im Jahr 2023 – man zahlt die Differenz aus eigener Tasche. Das ist allerdings auch nur in begrenztem Maße möglich. Schließlich soll der Bürgergeld Regelsatz das Existenzminimum decken.
Differenz von bis zu 338 Euro
Trotzdem beißt jede neunte Bedarfsgemeinschaft in den sauren Apfel und berappt jeden Monat im Schnitt 107 Euro. In Städten wie Berlin steigt die Wohnkostenlücke auf 201 Euro, in München auf 215 Euro und in Stuttgart sind es stolze 338 Euro im Monat, die fehlen. Um den Wert der Wohnkostenlücke in Relation zu setzen: Bei einem Single mit einem Bürgergeld Regelsatz von 563 Euro entsprechen 107 Euro knapp 19 Prozent. Bei einem Paar mit zusammen 1.012 Euro sind es fast 11 Prozent.
Wohnkostenlücke nach einzelnen Städten
Stadt | Anteil betroffener Bedarfsgemeinschaften | durchschnittliche Wohnkostenlücke |
---|---|---|
Berlin | 8,2 % | 201 € |
Dresden | 6,6 % | 114 € |
Frankfurt am Main | 15,4 % | 102 € |
Freiburg | 15,3 % | 168 € |
Hamburg | 11,6 % | 95 € |
Köln | 9,1 % | 107 € |
München | 9,7 % | 215 € |
Stuttgart | 2,2 % | 338 € |
Staat treibt Mieten hoch statt sozialen Wohnungsbau zu betreiben
Nicht hinnehmbar
Caren Lay, die mieten- und wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, bringt das Problem auf den Punkt:
„Die von den Jobcentern anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung sind zu gering.“
Eine derart hohe Wohnkostenlücke sei nicht hinnehmbar. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele Familien, gerade Geringverdiener, kaum noch bezahlbare Wohnungen fänden. Warum? Weil die Mieten von Ende 2022 zu Ende 2023 in Großstädten massiv um 5,3 Prozent gestiegen sind – trotz Mietpreisbremse.
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