Ein Bürgergeld-Empfänger aus Ulm wollte seinen Sachbearbeiter loswerden und zog vor Gericht. Der Mann, der seit 2021 Leistungen vom Jobcenter bezieht, verlangte die Aufhebung einer Meldeaufforderung, Schadensersatz und einen neuen Sachbearbeiter. Das Drama begann mit einer Einladung zu einem Meldetermin am 17.05.2023, die von seinem Sachbearbeiter im Jobcenter, Herrn A1, verschickt wurde. Die Einladung enthielt auch die Drohung, dass bei Nichterscheinen eine Kürzung des Bürgergeldes um 10 Prozent drohe.
Widerspruch per E-Mail nicht anerkannt
Am 16.05.2023 schickte der Kläger eine E-Mail, um der Einladung zu widersprechen. Doch das Jobcenter ließ ihn abblitzen und erklärte, dass der Widerspruch nicht in der erforderlichen Form eingereicht wurde. Der Kläger erschien am 17.05.2023 nicht zum Termin. Überraschung: Das Jobcenter verhängte trotz Meldeversäumnis keine Sanktionen, verwarf aber den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2023. Grund: Der Widerspruch war nicht zulässig da nicht formgerecht eingereicht und der Termin ohnehin verstrichen.
Jobcenter Sachbearbeiter wegen Befangenheit wechseln
Vor Gericht: Kläger fordert neuen Sachbearbeiter
Der Bürgergeld-Empfänger aus Ulm macht ernst und zieht gegen das Jobcenter und seinen Sachbearbeiter vor Gericht. Am 18. Juli 2023 reichte er beim Sozialgericht Ulm Klage ein. Der Grund? Eine ganze Reihe schwerwiegender Vorwürfe gegen den Sachbearbeiter Herrn A1.
Nötigung und Falschaussage
Der Kläger behauptet, Herr A1 habe im Dezember 2022 falsche Angaben zur Eingliederungsvereinbarung gemacht. Doch das ist nicht alles. Er fühlt sich durch eine Einladung zu einem Meldetermin am 26.04.2023 genötigt und getäuscht. Der Brief sei nicht einmal rechtsgültig unterschrieben, erklärt der Kläger.
Amtsanmaßung und Befangenheit
Er wirft dem Jobcenter vor, ohne die nötigen hoheitlichen Befugnisse zu agieren und überhaupt keine verbindlichen Verwaltungsakte erlassen zu dürfen. Das Jobcenter soll seine Macht überschritten haben, meint der Kläger.
Aufhebung, Schadensersatz und neuer Sachbearbeiter
Der Kläger will die Aufhebung der Meldeaufforderung, Schadensersatz beziehungsweise Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro sowie einen neuen Sachbearbeiter. Herr A1 sei befangen und handle willkürlich, so der Vorwurf.
Das Urteil: Keine Chance vor dem Sozialgericht
Das Sozialgericht Ulm wies die Klage am 05.01.2024 ab. Begründung: Die Einladung war kein Verwaltungsakt, der Widerspruch war nicht formgerecht und die Forderungen unbegründet. Für Schadensersatz ist das Sozialgericht ohnehin nicht zuständig – dafür müsste der Kläger vor ein ordentliches Gericht ziehen (Az: S 11 AS 1234/23).
Wann ist das Bürgergeld auf dem Konto?
Der nächste Schlag: Auch Berufung abgeblitzt
Der Bürgergeld-Empfänger gab nicht auf und legte Berufung ein. Doch auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg ließ ihn abblitzen. Die Richter bestätigten am 17.04.2024 die Entscheidung aus Ulm: Die Meldeaufforderung war rechtmäßig und der Kläger hatte keinen Anspruch auf einen anderen Sachbearbeiter, da er die Befangenheit nicht begründen konnte. Die Richter stellten klar: Ein Bürgergeld-Bedürftiger kann nicht einfach seinen Sachbearbeiter wählen oder ablehnen.
Bei seiner Entscheidung verweist das LSG auf den § 17 SGB X, mit dem
ein verwaltungsinternes Verfahren geschaffen worden, mit dem Gründe, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen können, einer Überprüfung unterzogen werden und ggf. zur verwaltungsseitigen Anordnung an die betroffene mitarbeitende Person führen, sich der weiteren Mitwirkung zu enthalten.
Wird ein solches Verfahren von Hilfebedürftigen bei der Jobcenter Leistung angestoßen, muss die Sachlage zwingend geprüft werden. Leistungsbezieher können allerdings nur den Ausgang des Verfahrens abwarten und haben selbst keinerlei Ablehnungsrecht gegen Sachbearbeiter.
Verfahren im Detail: sozialgerichtsbarkeit.de
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