Eine Bürgergeld Nullrunde in 2025 würde die Armut und die damit verbundenen Probleme erheblich verschärfen. Denn, anders als oft und gerne von Kritikern behauptet, waren die beiden jüngsten Anpassungen der Regelsätze nicht zu hoch, sondern reichten unter dem Strich nicht einmal, um die Kaufkraftverluste aus den Vorjahren auszugleichen. Darauf machen jetzt acht Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Gewerkschaften und Erwerbslosengruppen aufmerksam. Sie warnen vor einer ausbleibenden Bürgergeld Erhöhung 2025 und fordern statt einer Nullrunde eine völlig neue Berechnungsmethode.
Streitpunkt Fortschreibung
Aus der Aussage, „man müsse auch mal mit einer Nullrunde rechnen“, von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wurde in den vergangenen Wochen schnell Gewissheit. 2025 sollen die Bürgergeld Regelsätze nicht erhöht werden. Als Grund führt der Minister die nachlassende Inflation an – und schlägt damit die gleichen Töne an wie die Union und die FDP, die mit ihrer Kritik an den 12 Prozent mehr Bürgergeld seit dem 1. Januar 2024 nie hinter dem Berg hielten.
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Anpassung war keinesfalls großzügig
Diese Anpassung – ebenso die von 2022 zu 2023 – sei alles andere als großzügig gewesen, heißt es im gemeinsamen Positionspapier vom AWO-Bundesverband, dem Deutschen Gewerkschaftsbund DGB, dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, der Diakonie Deutschland, der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), des Sozialverbands Deutschland e.V., des Sozialverbands VDK Deutschland e.V. und des Zukunftsforums Familie e.V. Dort verweist man auf Hochrechnungen, wonach sich die Kaufkraftverluste für einen alleinstehenden Bürgergeldberechtigten in der Zeit von 2021 bis 2023 auf 1.012 Euro summierten.
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Kaufkraftverluste nur marginal ausgeglichen
Berücksichtige man die aktuellen Regelsatzzahlungen, sei dieser Verlust nur zu 15 Prozent ausgeglichen worden. Das sei sozialpolitisch inakzeptabel. Eine weitere Verschärfung von Mangel- und Unterversorgungslagen dürfe es nicht geben. Insbesondere Familien würden unter einer Nullrunde beim Bürgergeld leiden. Denn: Die geringen Teilhabemöglichkeiten im Alltag wirkten sich negativ auf die Bildungsbiografien betroffener Kinder und Jugendlicher aus.
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Ermittlung des Regelbedarfs reformieren
Daher appellieren die Autoren des Positionspapiers an den Gesetzgeber, weitere Kaufkraftverluste zu verhindern. Dazu müsse die Regelbedarfsermittlung reformiert werden und sei es zwingend nötig, die Regeln zur Fortschreibung der Regelsätze zu überarbeiten. Es gelte die verfassungsrechtliche Vorgabe, dass der Realwert der Regelsätze erhalten bleibe und das Existenzminimum nicht durch Preissteigerungen unterlaufen werde.
Fiktiver Rechenwert statt aktueller Satz
Besonders bitter stößt den Verbänden und Gewerkschaften die Berechnung auf, bei der für 2025 nicht vom aktuellen Regelsatz – bei einem Single 563 Euro – ausgegangen wird. Stattdessen gilt der Wert, der mit der Basisfortschreibung (dem ersten von zwei Rechenschritten) ermittelt worden war: 512 Euro. Selbst bei einer Anpassung um zehn Prozent bliebe man hinter dem jetzigen Bürgergeld zurück. Prognosen mit einer Lohnentwicklung von plus 5,5 Prozent und 3,0 Prozent beim regelbedarfsrelevanten Preisindex ergäben einen Bürgergeld Regelsatz von 552 Euro. Daraus resultiert die Nullrunde.
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Mit aktuelleren Inflationsdaten arbeiten
Die Forderung ist daher klar umrissen: Die Berechnungen müssen auf dem aktuellen Regelsatz beruhen, mit aktuelleren Inflationsdaten arbeiten, eine Kontrollbetrachtung und eine Untergrenze erhalten und prüfen, ob die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung kompensiert wurde. Alternativ könne auch mit einer Prognose der Preisentwicklung im kommenden Jahr gearbeitet werden.
Soziale Teilhabe ist unmöglich
Handfeste Gründe für diese Forderungen gibt es viele: „Das Bürgergeld reicht schon heute nicht aus, um eine gesunde Ernährung, Mobilität und soziale Teilhabe finanzieren zu können“, sagt der künftige Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock. Anja Piel vom DGB-Vorstand erinnert daran, dass die Preise zwar weniger stark gestiegen seien, viele Haushalte dennoch kaum über die Runden kämen. Auf den Punkt bringt es wohl Michael Groß, Vorsitzender des Präsidiums der Arbeiterwohlfahrt: „Ein anständiger Inflationsausgleich für die Ärmsten in unserer Gesellschaft ist eine Frage des Anstands.“
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