Bundessozialgericht bestätigt: Bei Bürgergeld Bezug muss das Jobcenter im Rahmen der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) auch die Miete für einen PKW Stellplatz übernehmen, sofern dieser über einen Mietvertrag untrennbar mit der gemieteten Wohnung verbunden ist.
Jobcenter kürzt KdU um 25,56 Euro
Die Kläger, eine Mutter mit zwei Kindern, bewohnten eine Mietwohnung, zu der ein Tiefgaragenstellplatz gehörte. Die monatliche Bruttowarmmiete lag bei 501,50 Euro und setzte sich zusammen aus 350,94 Euro für die Grundmiete, 125 Euro für Nebenkosten und Heizkosten sowie 25,56 Euro Garagenmiete. Mangels separatem Mietvertrag für den Stellplatz gab, war eine Teilkündigung nicht möglich. Das Jobcenter Freiburg kürzte die Bruttowarmmiete um den Garagenzuschlag, sodass die Kläger den Differenzbetrag aus ihrem Bürgergeld-Regelsatz aufbringen mussten. Als Begründung für die Kürzung führte das Jobcenter die Selbstobliegenheit der Leistungsbezieher zur Kostensenkung an, und forderte eine Teilkündigung der Garage oder Untervermietung.
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Teilkündigung oder Untervermietung unmöglich
Eine Teilkündigung scheidet aufgrund des Mangels an separaten Mietvertrag für den Tiefgaragenstellplatz aus. Auch eine Untervermietung ist nach Angaben der Kläger nicht möglich, da der Vermieter, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, nicht an Hausfremde vermieten möchte.
Sowohl vor dem Sozialgericht Freiburg als auch im Berufungsverfahren beim Landessozialgericht Baden-Württemberg scheiterte das Jobcenter und wurde zur Übernahme der Kosten für den Tiefgaragenstellplatz in Höhe von 25,56 Euro monatlich verurteilt. Die Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) wurde zwar zugelassen, jedoch vom BSG zurückgewiesen – insgesamt zog sich das gesamte Verfahren über drei Jahre hin.
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Als Begründung nannte das Bundessozialgericht, dass bei Bürgergeld Bezug die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen sind – inklusive der Kosten für einen Stellplatz – sofern es sich um einen einheitlichen Mietvertrag ohne Teilkündigung für den Stellplatz handle und die Gesamtkosten im Rahmen der Angemessenheit sind. Ausdrücklich bestehe in einem solchen Fall keine Obliegenheit zur Kostensenkung durch Untervermietung, da sich diese Pflicht weder aus § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II noch aus § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II noch ergebe.
Rechtsprechung zum Stellplatz ist nicht neu
Die Entscheidung des BSG im vorliegenden Fall ist nachvollziehbar und spiegelt die Haltung der Sozialgerichte wider. Bereits im Jahr 2006 hatte das Bundessozialgericht (Az.: B 7b AS 10/06 R vom 07.11.2006) entschieden, dass bei SGB II Leistungsbezug der Stellplatz regelmäßig nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zählt – es sei denn, die Wohnung kann nicht ohne den Stellplatz angemietet werden und die Wohnkosten liegen inklusive der Miete für den PKW Stellplatz im Rahmen der Angemessenheit für den jeweiligen Wohnort. Auch Jahre später fällte das BSG unter Az.: B 4 AS 44/14 R vom 16.06.2015 ein gleichlautendes Urteil.
Bürgergeld Bedürftige, die über einen von der Mietwohnung untrennbaren Stellplatz verfügen, sollten sich nicht vom Jobcenter zu einer – meist unmöglichen – Teilkündigung oder Untervermietung drängen lassen. In erster Linie sollten die örtlichen Richtlinien zu den angemessenen Wohnkosten am Wohnort sowie der Mietvertrag genaustens geprüft werden. Lehnt das Jobcenter die Kostenübernahme für den Stellplatz ab, obwohl alle Voraussetzungen zur Übernahme vorliegen, sollten Betroffene unbedingt fristgerecht Widerspruch erheben.
Verfahrensgang:
BSG, 19.05.2021, Az. B 14 AS 39/20 R
LSG Baden-Württemberg, 04.05.2020, Az. L 1 AS 2007/19
SG Freiburg, 09.05.2019, Az. S 14 AS 4184/18
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