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Bürgergeld Urteil: Bio-Produkte rechtfertigen keinen Mehrbedarf

Gesunde Lebensmittel augebreitet

Für Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Beschwerden ihre Ernährung umstellen müssen, kann dies zu erheblichen Mehrkosten führen. Besonders bei Lebensmittelunverträglichkeiten, wie Laktose- oder Glutenintoleranz, sind spezielle Produkte oft teurer. Für Bürgergeld-Empfänger stellen diese zusätzlichen Kosten eine große finanzielle Belastung dar. Ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg macht jedoch deutlich, dass trotz finanzieller Mehrbelastung nicht immer ein Anspruch auf einen Mehrbedarf besteht.

Strenge Voraussetzungen für Mehrbedarf

Bürgergeld-Empfänger, die aus medizinischen Gründen eine spezielle Ernährung benötigen, können unter bestimmten Bedingungen Mehrbedarf geltend machen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, dass die Ernährungsumstellung ärztlich als medizinisch notwendig bescheinigt wird. Zudem muss die geforderte Ernährungsweise von der üblichen Vollkost abweichen, da diese durch den Regelsatz bereits abgedeckt ist. Zu den anerkannten besonderen Ernährungsformen zählen zum Beispiel:

  • Glutenfreie Ernährung
  • Dialyse-Diät
  • Laktosefreie Ernährung
  • Antientzündliche Diäten (z.B. bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa)

Mehrbedarf für Nahrungsergänzungsmittel nach Magenverkleinerung

LSG: Bio-Ernährung kein Grund für Mehrbedarf

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied bereits im Jahr 2019, dass eine Ernährungsweise, die ausschließlich auf biologisch erzeugten Lebensmitteln basiert, keinen Anspruch auf Mehrbedarf rechtfertigt. Ein Bürgergeld-Bezieher aus Berlin hatte geklagt, da er aufgrund einer vom Arzt diagnostizierten Unverträglichkeit gegenüber konventionell hergestellten Lebensmitteln nur noch Bio-Produkte konsumieren wollte. Der Mann argumentierte, dass diese Produkte frei von Konservierungs- und Geschmacksverstärkern seien, die er nicht vertrage.

Jobcenter lehnt Mehrbedarf ab

Der Kläger beantragte daraufhin einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung bei seinem zuständigen Jobcenter. Dieses ließ die medizinische Notwendigkeit der geforderten Bio-Produkte durch den Ärztlichen Dienst prüfen. Der Dienst kam zu dem Schluss, dass ein Mehrbedarf medizinisch nicht notwendig sei, entsprechend lehnte das Jobcenter den Antrag ab. Der Kläger wandte sich daraufhin an das Sozialgericht Berlin, das seinen Antrag ebenfalls abwies. Schließlich entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in letzter Instanz.

Gericht: Kein Nachweis für medizinische Notwendigkeit

Das Landessozialgericht bestätigte die Ablehnung des Mehrbedarfs und führte an, dass die medizinische Notwendigkeit der speziellen Ernährungsweise nicht hinreichend belegt sei. Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest war nach Auffassung des Gerichts zu unspezifisch, um den Anspruch zu untermauern. Weder war klar, welche konkreten Unverträglichkeiten bestanden, noch konnte der Zusammenhang zwischen diesen und einer kostenintensiven Ernährung zweifelsfrei festgestellt werden.

Zudem stellte das LSG fest, dass eine kostenaufwendige Ernährung im Sinne des Sozialgesetzbuches nur dann anerkannt wird, wenn sie von der üblichen Vollkost abweicht. Eine Ernährung mit ausschließlich Bio-Lebensmitteln stellt jedoch keine solche Abweichung dar. Das Gericht wies darauf hin, dass auch im konventionellen Lebensmittelbereich unverarbeitete Produkte erhältlich sind, die ohne Zusatzstoffe auskommen und somit eine ausgewogene Ernährung ermöglichen. Aus diesen Gründen wurde die Klage abgewiesen.

Verfahrensgang:
LSG Berlin-Brandenburg, 23.01.2019, Az. L 18 AS 626/17
SG Berlin, 17.02.2017, Az. S 78 AS 9470/16

Titelbild: monticello / shutterstock