Der Alltag von getrennt lebenden Eltern ist alles andere als einfach: Neben der Koordination der Besuchstermine müssen Absprachen mit dem Ex-Partner getroffen werden, um den Umgang mit dem gemeinsamen Kind zu gewährleisten. Doch häufig ist die Wahrung des Umgangsrechts mit Kosten verbunden, die für Bürgergeld-Empfänger nicht immer leicht zu stemmen sind.
SG Reutlingen urteilt
Das Jobcenter muss die Fahrtkosten zum Flughafen sowie die dort entstehenden Parkgebühren einer Mutter übernehmen, damit sie den Umgang zwischen ihrer Tochter und deren Vater gewährleisten kann. Dies entschied das Sozialgericht (SG) Reutlingen bereits in einem Urteil vom 25.01.2013 (Az.: S 7 AS 2094/12). Die Mutter einer damals 10-jährigen Tochter lebte von dem Vater des Kindes getrennt und war auf Bürgergeld Leistungen – damals noch Hartz IV – angewiesen.
Große Entfernung zum Vater
Die Mutter und das Kind lebten zusammen in Reutlingen, während der Vater des Kindes eine Wohnung in Düsseldorf hatte. Damit trennten Vater und Kind rund fünf Autostunden – eine Entfernung, die die Ausübung des Umgangsrechts erheblich erschwerte. Die Mutter und der Vater einigten sich daher darauf, dass der Vater das Kind an einem Wochenende im Monat zu sich holen durfte. Aufgrund der langen Strecke zwischen den beiden Wohnorten entschieden die Eltern, dass das Kind die Entfernung mit dem Flugzeug zurücklegen sollte.
27 Euro Fahrtkosten für die Mutter
Nach einem Beschluss des Familiengerichts hatte der Vater die Kosten des Fluges und die Mutter die Fahrtkosten zum Abflughafen Stuttgart zu tragen. Diese betrugen rund 27 Euro für die Mutter im Monat, inklusive der Parkgebühren am Flughafen. Das Jobcenter verweigerte zunächst die Übernahme der Kosten mit der Begründung, die Frau könne die Summe aus dem Regelsatz ansparen. Diese Auffassung teilte das SG Reutlingen jedoch nicht und entschied, dass das Jobcenter die Kosten in voller Höhe zu übernehmen habe.
Mehrbedarf gerechtfertigt
Bei den Kosten handele es sich aus Sicht des SG Reutlingen um einen unabweisbaren, laufenden und nicht nur einmaligen besonderen Bedarf. Die Fahrtkosten müssten entrichtet werden, um über das Umgangsrecht die dauerhafte Nähebeziehung zwischen Vater und Kind aufrechtzuerhalten, und fielen in regelmäßigen Abständen an. Die Mutter könne die Kosten nicht vermeiden, da angesichts des jungen Alters des Kindes eine Begleitung zum Flughafen nötig sei und aus dem Regelbedarf nur die üblichen Fahrten im Alltag gedeckt seien. Zudem handele es sich bei den Kosten in Höhe von 27 Euro wohl kaum um einen Bagatellbetrag, da sich auf ein Jahr hochgerechnet ein Betrag ergebe, der annähernd einem monatlichen Regelbedarf entspreche (Stand 2013). Aus diesen Gründen sei ein Mehrbedarf gerechtfertigt.
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