In Deutschland gibt es unterschiedliche Sozialleistungen, die Menschen in finanziellen Notlagen unterstützen sollen. Zwei zentrale Leistungen sind das Bürgergeld und die Sozialhilfe, genauer gesagt die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Doch wann bekommt man welche Unterstützung, und warum? Der Schlüssel liegt in der Erwerbsfähigkeit. Dieser Artikel erklärt, welche Voraussetzungen für die jeweiligen Leistungen gelten, wann sie infrage kommen und was sich hinter den verschiedenen Begriffen verbirgt.
Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn eine Person gesundheitlich in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich unter den allgemeinen Bedingungen des Arbeitsmarktes zu arbeiten, unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit oder Qualifikation und das Rentenalter noch nicht erreicht hat.
Ähnliche Höhe – unterschiedliche Voraussetzungen
Eins vorweg: Egal, ob Bürgergeld oder Sozialhilfe – der finanzielle Umfang der Leistungen orientiert sich an denselben Prinzipien, nämlich der Sicherung des Existenzminimums bei Hilfebedürftigkeit. Die Höhe der Leistungen deckt die laufenden Kosten, die Wohnkosten, mögliche Mehrbedarfe sowie die Krankenversicherung ab. Auch wenn es formale Unterschiede zwischen den Leistungen gibt, kann man die Bürgergeld-Zahlen auch als Richtwerte für die Höhe der Sozialhilfe hernehmen. Konkrete Beispiele:
Das bedeutet: Die Beträge sind im Wesentlichen ähnlich, die Unterschiede zwischen Bürgergeld und Sozialhilfe ergeben sich primär aus den Voraussetzungen und den Zielen der jeweiligen Leistung – beim Bürgergeld steht etwa die Arbeitsmarktintegration stärker im Vordergrund, während die Sozialhilfe den Lebensunterhalt für Menschen sichert, die vorübergehend oder dauerhaft nicht erwerbsfähig sind.
Bürgergeld – Grundsicherung für Arbeitssuchende
Das Bürgergeld ist die Grundsicherung für erwerbsfähige Personen, die aktuell keine Arbeit haben oder zu wenig verdienen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Früher als Hartz IV bzw. Arbeitslosengeld II bekannt, wurde das Bürgergeld 2023 eingeführt und setzt neben der finanziellen Unterstützung einen klaren Schwerpunkt auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.
- Wer bekommt Bürgergeld?
Bürgergeld bekommen bedürftige Menschen, die erwerbsfähig sind, sie also in der Lage, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Das gilt für Personen im Alter zwischen 15 Jahren und dem Renteneintrittsalter – mehr dazu unter den Bürgergeld Voraussetzungen. - Arbeitsmarktintegration als Ziel
Das Bürgergeld verfolgt neben der Sicherung des Lebensunterhalts das Ziel, Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen. Maßnahmen wie Fortbildungen, Bewerbungstrainings und Jobvermittlungen sind wichtige Bausteine des Systems. Es geht nicht nur um Geld, sondern darum, dass die Betroffenen wieder auf eigenen Beinen stehen können. - Zuständiges Amt:
Das Bürgergeld wird vom Jobcenter verwaltet. Der Leistungsträger ist verantwortlich für die Prüfung des Bedarfs, die Arbeitsmarktintegration und die Auszahlung der Leistung. - Was passiert bei vorübergehender Erwerbsunfähigkeit?
Bürgergeld wird auch weitergezahlt, wenn jemand vorübergehend krank ist oder sich von einem Unfall erholen muss – solange die Erwerbsunfähigkeit voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauert. In dieser Zeit bleibt das Jobcenter zuständig, und die Person wird als erwerbsfähig betrachtet.
Arbeitslosigkeit keine Voraussetzungen
Auch wenn das Bürgergeld als Grundsicherung für Arbeitssuchende gilt, wird Arbeitslosigkeit nicht vorausgesetzt. Viele Menschen, die arbeiten, aber zu wenig verdienen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, erhalten Bürgergeld als Aufstockung. Das Jobcenter übernimmt in solchen Fällen die ergänzende Unterstützung, damit die Betroffenen ihre grundlegenden Lebenshaltungskosten decken können.
Hilfe zum Lebensunterhalt – Vorübergehend nicht erwerbsfähig
Wenn jemand vorübergehend nicht erwerbsfähig ist und es auch länger als sechs Monate dauern wird, bis die Person wieder arbeiten kann, kommt die Hilfe zum Lebensunterhalt ins Spiel. Diese Leistung ist Teil der Sozialhilfe und wird an hilfebedürftige Menschen gezahlt, die gerade nicht arbeiten können, aber in Zukunft möglicherweise wieder arbeitsfähig werden.
- Wer bekommt Hilfe zum Lebensunterhalt?
Menschen, die vorübergehend nicht erwerbsfähig sind, zum Beispiel durch eine länger andauernde Krankheit. Dabei muss die Erwerbsunfähigkeit länger als sechs Monate bestehen, aber es wird erwartet, dass die Person später wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren kann.
- Kein Fokus auf Arbeitsmarktintegration
Anders als beim Bürgergeld liegt der Fokus hier ausschließlich auf der finanziellen Absicherung. Es geht darum, den Lebensunterhalt zu sichern, bis die Person wieder arbeitsfähig ist. Es gibt keine verpflichtenden Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung. - Zuständiges Amt:
Für die Hilfe zum Lebensunterhalt ist das Sozialamt zuständig. Es stellt die vorübergehende Erwerbsunfähigkeit fest und ist für die Auszahlung der Leistung verantwortlich, bis die Person wieder arbeitsfähig ist.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – Langfristige Absicherung
Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ebenfalls eine Leistung der Sozialhilfe, richtet sich aber an Personen, die dauerhaft nicht mehr arbeiten können. Dazu gehören Rentner und Menschen mit dauerhafter Erwerbsminderung.
- Wer bekommt Grundsicherung im Alter?
Personen, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben, gelten im Sinne des SGB II nicht mehr als erwerbsfähig und können deshalb kein Bürgergeld bekommen – unabhängig davon, ob sie erwerbstätig sind. Altersrentner erhalten statt dessen die Grundsicherung im Alter – das Pendant zum Bürgergeld für Rentner.
- Wer bekommt Grundsicherung bei Erwerbsminderung?
Personen, die dauerhaft erwerbsgemindert sind, also aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen länger als sechs Monate nicht in der Lage sind, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten und keine Aussicht auf Besserung besteht. - Wer ist zuständig?
Das Sozialamt verwaltet die Grundsicherung im Alter sowie die Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Wichtig: Die Feststellung der dauerhaften Erwerbsminderung erfolgt durch den Rentenversicherungsträger auf Grundlage eines medizinischen Gutachtens. Es reicht nicht, wenn der Arzt allein eine Einschätzung abgibt – der Rentenversicherungsträger muss letztlich entscheiden.
Erwerbsunfähigkeit: Wie lange und was passiert dann?
Ob Bürgergeld, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung – alles hängt also im Kern von der Frage der Erwerbsfähigkeit und der Dauer der Erwerbsunfähigkeit ab.
- Bis zu sechs Monate erwerbsunfähig?
In diesem Zeitraum bleibt die hilfebedürftige Person im Bürgergeld-System, wenn erwartet wird, dass sie bald wieder arbeiten kann. - Länger als sechs Monate, aber nicht dauerhaft erwerbsunfähig?
Wenn die Erwerbsunfähigkeit länger als sechs Monate andauert, aber voraussichtlich nicht dauerhaft ist, erfolgt der Wechsel zur Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese Leistung stellt sicher, dass das Existenzminimum gesichert ist, bis die bedürftige Person wieder erwerbsfähig wird. - Dauerhaft erwerbsunfähig?
Bedürftige, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen dauerhaft nicht arbeiten können oder altersbedingt als erwerbsunfähig gelten, erhalten die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. In diesem Fall besteht keine Aussicht auf eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt.
Gravierende Unterschiede beim Schonvermögen
Während sich bei den Leistungen zwischen Bürgergeld und der Grundsicherung aus der Sozialhilfe keine großen Differenzen ergeben, gibt es große Unterschiede beim Vermögen. Bürgergeld-Empfänger dürfen ein Schonvermögen von 15.000 Euro pro Person haben, welches nicht angerechnet wird. Bei Sozialhilfeempfängern sind es im Vergleich dazu nur 10.000 Euro. Ein Auto darf im Bürgergeld-Bezug bis zu 15.000 Euro wert sein, bei der Grundsicherung nach SGB XII lediglich 7.500 Euro. Und auch beim Wohneigentum sind Bürgergeld-Empfänger deutlich besser gestellt: Eine Immobilie mit bis zu 130 m² Wohnfläche gilt als angemessen, die Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit hingegen lässt nur 80 m² zu. Hier benachteiligt der Staat ganz klar hilfebedürftige Rentner und Erwerbsgeminderte, da mit zweierlei Maß gemessen wird.
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