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Sozialrichter: Bürgergeld braucht Verbesserungen

Mann am Schreibtisch zählt Regeln auf

Rainer Schlegel, ehemaliger Präsident des Bundessozialgerichts und bis Juni 2024 oberster Sozialrichter Deutschlands, fordert in einem Interview mit der ZEIT Online Reformen am Bürgergeld. Seiner Ansicht nach sei das Bürgergeld in seiner derzeitigen Form zu teuer, und es stelle sich die Frage, ob diese Kosten gegenüber den Steuer- und Beitragszahlern noch angemessen sind. Schlegel stellt infrage, ob das System, wie es derzeit gestaltet ist, effizient und fair ist. Andreas Audretsch, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen hingegen verteidigt das Bürgergeld als notwendiges Sicherheitsnetz.

Hohe Ausgaben

Schlegel hebt die Kosten des Bürgergelds als Kritikpunkt hervor: „Der Bund hat dafür 2023 rund 47 Milliarden Euro ausgegeben, das ist in etwa die Größenordnung des Verteidigungshaushalts.“ Hinzu kommen Gesundheitskosten, die durch Beitragszahler finanziert werden. Aus Schlegels Sicht belasten diese hohen Ausgaben das Sozialsystem über Gebühr. Er stellt sachlich die Frage: „Da kann man schon fragen, ob das noch angemessen ist.“

+++ Das Bürgergeld setzt falsche Anreize

Großzügige Schonregeln

Ein weiterer Kritikpunkt von Schlegel sind die Freibeträge und die einjährige Karenzzeit, in der Bürgergeldempfänger ihr Vermögen, einschließlich Immobilien und Autos, behalten dürfen. „Bewohnt jemand ein eigenes Haus, sind 140 Quadratmeter Wohnfläche erlaubt – selbst in Spitzenlagen,“ erläutert Schlegel. Die Freibeträge für Vermögen seien „durchaus üppig“, und er hält eine striktere Vermögensprüfung für angemessen, damit das Bürgergeld wirklich nur den bedürftigsten Menschen zugutekommt.

Bürgergeld sichert Stabilität und Chancen

Audretsch widerspricht Schlegel und betont, dass das Bürgergeld gerade in schwierigen Lebenslagen Menschen stabilisiert und ihnen Zeit verschafft, wieder auf die Beine zu kommen. „Wir reden über Menschen“, betont Audretsch und weist darauf hin, dass ein großer Teil der Bürgergeldempfänger trotz Erwerbstätigkeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sei, weil der Lohn nicht zum Leben reiche. Er verteidigt die Karenzzeit als notwendig, „damit sich die Menschen ganz darauf konzentrieren, so schnell wie möglich einen Arbeitsplatz zu finden.“

Härtere Sanktionen: „Wie nicht bedürftig behandeln“

Bei der Frage der Sanktionen vertritt Schlegel eine Forderung und schlägt vor, Bürgergeldempfänger, die eine zumutbare Arbeit ablehnen, wie Nicht-Bedürftige zu behandeln. „Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, ist so zu behandeln, als sei er nicht bedürftig,“ erklärt er und betont die Notwendigkeit, dass Bürgergeldempfänger Eigenverantwortung zeigen und zumutbare Gelegenheiten wahrnehmen. Audretsch hält dagegen, dass dies nur eine kleine Minderheit betreffe und dass die meisten Bürgergeldempfänger arbeiten wollen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

+++ Bürgergeld Änderungen auf den Weg gebracht

Zukunft des Bürgergelds: Reformbedarf bleibt

Am Ende der Diskussion sind sich beide Gesprächspartner einig, dass das Bürgergeld nachjustiert werden muss, damit es effizient und fair bleibt. Während Schlegel für eine stärkere Regulierung des Schonvermögens und härtere Sanktionen plädiert, sieht Audretsch die Lösung in gezielter Qualifizierung und höheren Anreizen zur Arbeitsmarktintegration. Schlegels Ansatz legt Wert auf Effizienz und eine faire Lastenverteilung auf die Steuerzahler, während Audretsch auf die soziale Absicherung und Chancengleichheit setzt.

Titelbild: Jeanette Dietl / shutterstock , Quelle: Zeit Online Interview