Arbeiten zu gehen und dennoch auf Bürgergeld angewiesen zu sein, ist schon unangenehm genug. Sich dann auch noch mit dem Jobcenter herumärgern zu müssen, eine echte Belastung. Vor allem, wenn die Behörde sich nicht an Spielregeln hält und erst vom Bundessozialgericht in die Schranken gewiesen werden muss. Etwa, wenn sich das Jobcenter nicht einmal die Mühe macht, einen Bescheid als vorläufig zu kennzeichnen. Fehlt dieser Hinweis, ist der Bescheid endgültig.
Vorläufigkeit bei aufstockendem Bürgergeld
Reicht das eigene Einkommen nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, müssen viele Haushalte mit Bürgergeld aufstocken. Das betrifft knapp ein Drittel aller Bürgergeld Bedürftigen – und ist damit ein K.o.-Argument gegen alle, die Betroffene grundsätzlich als faul bezeichnen. Das Problem dabei: Schwanken die Einnahmen, zum Beispiel aufgrund von Schichtarbeit oder Arbeit auf Abruf, ändert sich auch der Bürgergeldanspruch. Die Jobcenter stellt dann gemäß §41a SGB II einen vorläufigen Bescheid aus.
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Klägerin arbeitete auf Abruf
In dem Fall, der schließlich vor dem Bundessozialgericht landete, ging es um eine Bürgergeld Bedürftige, die auf Abruf arbeitete und ihr kleines Einkommen aufstockte. Um den Bedarf zu ermitteln, nutzte das Jobcenter die vorliegenden Verdienstbescheinigungen und stellte einen Bürgergeldbescheid aus. Entscheidend dabei: Es fehlte der Hinweis, dass es sich um einen vorläufigen Bescheid handelt.
Höherer Verdienst mündet in Rückforderung
Denn ein paar Monate später verlangte das Jobcenter von der Frau 761,81 Euro zurück, weil sie doch mehr verdient hatte, als vom Leistungsträger veranschlagt worden war. Gegen die teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung legte die Frau Widerspruch ein, scheiterte aber und zog dann vor Gericht.
Endgültiger Bescheid war rechtswidrig
Es brauchte drei Instanzen, um dem Jobcenter seine Arbeit zu erklären. Das Bundessozialgericht betonte, dass die Bescheide mangels Vorläufigkeitsvorbehalt endgültige Bewilligungen darstellten. Konkret heißt es im Urteil (B 4 AS 10/20 R): „Es lässt sich den Formulierungen in den Bescheiden weder ausdrücklich noch konkludent entnehmen, dass die Bewilligungen unter dem Vorbehalt ihrer Vorläufigkeit stehen sollten.“ Mehr noch: In Fällen einer prospektiven (vorausschauenden) Schätzung hinsichtlich der Einkommenssituation sei der Erlass eines endgültigen Bescheides „von Anfang an rechtswidrig“.
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