4,7 Prozent plus: Die Mieten in Deutschland sind im vierten Quartal 2024 weiter in die Höhe geschnellt. In Städten wie Berlin liegt der Wert bei 8,5 Prozent. Damit gerät die Suche nach bezahlbarem Wohnraum zum Glücksspiel. Das betrifft vor allem Menschen mit geringem Einkommen, niedriger Rente sowie Bürgergeld Bedürftige. Schon jetzt reißt bei knapp 12,2 Prozent aller Leistungsempfänger eine Wohnkostenlücke ein Loch ins Budget. Besserung ist nicht in Sicht. Denn der soziale Wohnungsbau dümpelt vor sich hin.
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Politisches Versagen auf mehreren Ebenen
Hier treffen gleich mehrere Stränge politischen Versagens aufeinander und reißen selbst Verbraucher aus der Mitte der Gesellschaft zunehmend in die Armut. Dass die Mieten kontinuierlich steigen, lässt sich auch ohne Glaskugel vorhersagen. Die aktuellen Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bestätigen nur den Trend, der seit Jahren zu beobachten ist. Die politischen Bemühungen, den Mietmarkt nicht zum Haifischbecken verkommen zu lassen, sind allesamt gescheitert. Insbesondere die Mietpreisbremse hat sich als zahnloser Tiger erwiesen.
Zu geringes Angebot bei enormer Nachfrage
Warum die Mieten unaufhörlich steigen, ist ebenfalls ein offenes Geheimnis: „Der Mietmarkt bleibt stark nachgefragt, während sich das Angebot aufgrund sinkender Baufertigstellungen zunehmend verknappt“, so die Autoren der IW-Studie. Damit haben Bürgergeld Bedürftige und all jene mit geringem Einkommen ein riesiges Problem: Da es an Alternativen mangelt, müssen sie immer mehr vom Gehalt, der Rente oder dem Bürgergeld Regelsatz in die Miete investieren. Das dürfte eigentlich nicht sein, da beim Bürgergeld angemessene Mieten und Heizkosten im Rahmen der Kosten der Unterkunft (KdU) übernommen werden. Nur leider arbeiten die Behörden langsamer, als die Vermieter an der Preisschraube drehen. Oder anders ausgedrückt: Die Angemessenheitsgrenzen sind teils völlig veraltet.
Die Wohnkostenlücke im Bürgergeld
Was das konkret heißt, wird auf politischer und sozialer Ebene mit einem Wort umschrieben: Wohnkostenlücke. Das ist die Differenz zwischen dem vom Amt als akzeptabel definierten Mietzins und der tatsächlichen Miete. Um ein Beispiel zu nennen. In Berlin beträgt die angemessene Bruttokaltmiete für einen Single 449,00 Euro (360,50 Euro Kaltmiete plus 88,50 Euro Nebenkosten ohne Heizkosten). Kostet die Wohnung jedoch 520 Euro kalt, muss ein Bürgergeld Bedürftiger entweder eine andere Unterkunft finden oder 71 Euro aus der eigenen Tasche bezahlen.
320.000 Bedarfsgemeinschaften betroffen
Dieses Problem wird seit Jahren von der Linksfraktion im Bundestag aufgegriffen und mit Zahlen untermauert. So erhielten 2023 knapp 320.000 Bürgergeld Bedarfsgemeinschaften nicht die tatsächlichen Miet- und Heizkosten. Sie finanzierten die Wohnkostenlücke über Ersparnisse oder den Regelbedarf. Im Schnitt waren das 103 Euro im Monat. Angesichts der sonstigen Teuerung ein Betrag, bei dem das Bürgergeld nicht mehr existenzsichernd sein kann. Da heißt es dann, den Gürtel noch enger zu schnallen.
Wohnarmut grassiert
Doch auch Rentner und Menschen mit geringem Einkommen, gerade Alleinerziehende, bekommen die Mietentwicklung auf unangenehmste Weise zu spüren. Sie rutschen durch die steigenden Mieten in die sogenannte Wohnarmut. Der Paritätische Gesamtverband hat die wohnkostenbereinigte Armut berechnet. Demnach sind in Deutschland 17,5 Millionen Menschen von Wohnarmut betroffen.
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Zu viel Gerede von der Ampel
Daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Die Regierung hatte 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen. 2024 wurden jedoch nur 260.000 Einheiten gebaut, Tendenz sinkend. Der Verband der Wohnungsbauwirtschaft begrüßt zwar, dass für 2022 bis 2027 18 Milliarden für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wurden. Man habe jedoch viel zu lange darüber diskutiert. Alles habe viel zu lange gedauert. Und mit Ampel-Aus bleibe vieles, was besprochen wurde, jetzt ohnehin auf der Strecke.
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