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Beschämend: 730.000 Menschen auf Grundsicherung im Alter angewiesen

Sich auf die Rente freuen: Pustekuchen. Für immer mehr Senioren gleicht der Schritt vom Arbeits- ins Rentnerleben einem Abstieg. Ihnen droht Altersarmut und damit schlimmstenfalls die Abhängig von der Grundsicherung im Alter. Wer solche Szenarien als Ammenmärchen belächelt, verkennt die Lage und überhört die Alarmglocken hinter den Zahlen. Laut Statistischem Bundesamt bezogen im September 2024 730.305 Menschen Grundsicherung im Alter – das Pendant zum Bürgergeld.

Altersarmut ist längst Alltag

Es kommt nicht von ungefähr, dass in den Schlangen vor den Tafeln oder anderen Hilfseinrichtungen immer öfter Rentnerinnen und Rentner stehen. Dass ältere Menschen verschämt Pfandflaschen aus Mülleimern klauben oder, um den Schein zu wahren, hungern. Das ist keine Schwarzmalerei. Das ist trauriger Alltag in Deutschland. Belegt mit offiziellen Zahlen vom Statistischen Bundesamt. Dass die Dunkelziffer weit höher ist, sollte jedem klar sein. Denn gerade Rentner sehen es als persönliches Versagen an, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Sie gehen erst gar nicht zum Amt.

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Steigende Zahlen

Letztlich ist jeder Einzelne, der Grundsicherung im Alter beantragen und damit auf Bürgergeld-Niveau leben muss – mit enger gefassten Voraussetzungen beim Schonvermögen – einer zu viel. Umso schlimmer und für eine reiche Nation wie Deutschland äußerst beschämend sind die steigenden Fallzahlen. Stand September 2024 waren es 730.305 Betroffene. In den Monaten zuvor 728.990 (Juni 2024), 719.330 (März 2024), 689.590 (Dezember 2023) und 688.755 (September 2023).

Plus 30 Prozent in vier Jahren

Blickt man ein paar Jahre zurück, standen im September 2020 „nur“ 563.925 Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen waren, in der Statistik und ein Jahr später 579.095. Im Vergleich heißt das: Von 2020 bis 2024 ist die Zahl der Betroffenen um fast 30 Prozent gestiegen. Schon von Juni 2022 zu Juni 2023 stand ein Plus von zehn Prozent zu Buche (wir berichteten).

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Anteil Betroffener: 3,9 Prozent

Berücksichtigen muss man hierbei, dass die Zahlen mit der Flüchtlingswelle aus der Ukraine gestiegen sind. Im Dezember 2023 bezifferte das Statistische Bundesamt den Anteil nichtdeutscher Leistungsempfänger mit 23,1 Prozent (Dezember 2022: 21,8 Prozent). Insgesamt lag der Anteil derer, die im Alter auf staatliche Hilfe angewiesen sind, an der jeweiligen Bevölkerung über der Altersgrenze bei 3,9 Prozent. Besonders betroffen waren und sind auch heute noch Hamburg mit einer Quote von 10,0 Prozent, Bremen mit 8,3 Prozent sowie Berlin mit 7,2 Prozent.

Viele Gründe für Hilfebedürftigkeit

Gründe dafür, warum jemand Grundsicherung im Alter beantragen muss, gibt es viele. Lücken in der Erwerbsgeschichte, bei Frauen die Zeiten der Kindererziehung und nicht selten Jobs, in denen nur der Mindestlohn gezahlt wird. Nun könnte man auf die Zahlen mit „selbst ist die Frau oder der Mann“ reagieren und fragen, warum nicht selbst vorgesorgt wurde. Das Problem: Wer ohnehin schon nicht viel verdient, dem bleibt (auch angesichts der steten Teuerung) nichts, um großartig zu sparen.

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Solidarische Mindestrente

Die Linksfraktion im Bundestag hat dieses Problem bereits mehrfach aufgegriffen. Dietmar Bartsch forderte 2023 angesichts der fortschreitenden Altersarmut eine Mindestrente von 1.200 Euro. Diese Zahl findet sich in den aktuellen Ausführungen der Partei zwar nicht, wohl aber der klare Hinweis auf „eine solidarische Mindestrente für alle Personen im Rentenalter ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen“. Um die Altersarmut effektiv zu bekämpfen, müsste die Politik jedoch weit mehr Stellschrauben neu justieren. Nur leider steht Altersarmut fast nirgends auf der To-do-Liste.

Titelbild: Redaktion93 / shutterstock