Ab Juni 2025 sollen Bürgergeld-Haushalte angeblich mit regelmäßigen Hausbesuchen kontrolliert werden. Drohen wirklich massive Eingriffe durch eine neue Gesetzesreform?
Bürgergeld Bashing für hohe Klickzahlen ist ein hinlänglich bekanntes Phänomen bei TikTok. Und obwohl jedem bekannt sein sollte, dass die Plattform ein Eldorado für Fake News ist, funktioniert es – leider. In einem der neueren Videos dieser Art soll einerseits Betroffenen Angst gemacht werden. Andererseits geht es darum, weiter Stimmung gegen Bürgergeld Bedürftige zu machen. Dazu verweist man auf eine angebliche Gesetzesreform hin zu regelmäßigen Kontrollbesuchen der Jobcenter, was absoluter Nonsens ist.
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Angebliche Gesetzesreform
Gratisurlaube für Bürgergeldempfänger, keine Leistungen mehr für Ausländer: Desinformation hat auf TikTok Tradition. Mit dem neuen Versuch geht es schlichtweg darum, Bürgergeld Kritikern nach dem Mund zu reden und den Verdacht zu untermauern, dass alle Betroffenen das Amt und die Steuerzahler betrügen. Dazu verweist man auf eine Reform des §7 SGB II. Die Neuerung aufgrund des massiven Betrugs in Bedarfsgemeinschaften sehe vor, dass alle Bürgergeld Bedürftigen ab Juni 2025 zweimal pro Monat einen Kontrollbesuch erhalten. Wer den Zutritt verweigere, dem werden die Leistungen gekürzt oder ganz eingestellt. Die Besuche würden durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur für Arbeit erfolgen.
Ein miserables Machwerk
Pflückt man das Video auseinander, bleibt nicht viel von dem auch technisch miserablen Machwerk. Dreh- und Angelpunkt der Aussage soll eine Gesetzesreform sein. Dumm nur, dass §7 des SGB II schlichtweg definiert, wer Leistungsempfänger ist. Entscheidend aber: Die Jobcenter sind schon heute völlig überlastet und haben enorme Schwierigkeiten, vakante Stellen zu besetzen. Zweimal monatlich jede Bedarfsgemeinschaft zu besuchen, hieße zweimal 2,924 Millionen Haushalte aufzusuchen. Macht in der Summe fast sechs Millionen Kontrollen. Das ist mit der aktuellen Personaldecke absolut utopisch.
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Was soll der Mist?
Und trotzdem scheinen einige fest davon überzeugt zu sein, dass alle Aussagen auf TikTok wahr sind. Diesen Eindruck vermitteln zumindest die Kommentare zum Video. Genau da liegt das Problem solcher „Propaganda“ zulasten Bürgergeld Bedürftiger. Man glaubt, was man glauben möchte.
Kritiker jubilieren und Betroffene werden eingeschüchtert. Fraglich ist nur, was die Macher der Videos davon haben. Eine Monetarisierung der Kurzfilmchen zum Bürgergeld ist nicht erkennbar. Vielleicht erhofft man sich mehr Abonnenten, um dann mit anderen Videos das große Geld zu verdienen. Das wäre ein absolut schäbiges Geschäftsmodell. Hier sollte die Bundesagentur für Arbeit dem Beispiel einiger Politiker folgen, die jeden Hans und Kunz verklagen. Bei diesen Videos wäre es angebracht. Denn hier geht es nicht um Meinungsfreiheit, sondern vorsätzliches Verbreiten von Fehlinformationen auch auf dem Rücken der Mitarbeiter in den Jobcentern.
Titelbild: New Africa / shutterstock