Ab dem 01.03.2025 erhalten alle Bürgergeld-Empfänger bis zu 550 Euro für ein neues Fahrrad vom Jobcenter – solche und ähnliche Versprechungen verbreiten sich seit Ende Februar 2025 auf den gängigen Video-Plattformen.
Aufmerksam geworden sind wir auf diese Videos durch zahlreiche wütende und enttäuschte Leser, die uns kontaktiert haben. Einige Betroffene sind sogar bereits bei Jobcentern vorstellig geworden, wie wir auf Nachfrage bei Bedürftigen und auch bei Leistungsträgern erfahren haben.
In den Videos wird behauptet, dass alle Bürgergeld-Bedürftige lediglich einen Kostenvoranschlag bei einem Fahrradhändler einholen und diesen beim Jobcenter vorlegen müssen. Innerhalb von sieben Werktagen bekämen sie dann angeblich bis zu 550 Euro überwiesen. Das Fahrrad könne dann für die Fahrt zur Arbeit, Bewerbungsgespräche oder eine allgemein bessere Mobilität im Alltag genutzt werden.
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Verbreitung von Falschinformationen
Unsere Recherchen ergaben jedoch: Es handelt sich hierbei um KI-generierte Falschinformationen, die seit Ende Februar gezielt und professionell verbreitet und hunderttausendfach geklickt werden, sogar in mehreren Sprachen. Dabei handelt es sich um Accounts, die mit solchen Behauptungen viele Klicks erzielen wollen oder sich bewusst über Bürgergeld-Empfänger lustig machen. Dass viele Betroffene diese geschmacklose Satire für wahr halten, zeigen uns die zahlreichen Reaktionen.
Was zahlt das Jobcenter tatsächlich?
Die Realität sieht allerdings so aus, dass es vom Jobcenter kein bedingungsloses Geld für ein neues Fahrrad gibt. Im Bürgergeld-Regelsatz für Erwachsene sind bereits kleine Pauschalen für die Anschaffung und Wartung von Fahrrädern vorgesehen. Regelbedarfe von Kindern sehen dagegen keine Pauschalen vor.
Für Erwachsene sind monatlich vorgesehen:
für | Singles | Partner in BG |
Kaufpreis Fahrrad | 1,70 € | 1,52 € |
Zubehör und Ersatzteile | 2,08 € | 1,87 € |
Wartung und Reparatur | 1,20 € | 1,08 € |
Quelle: eigene Berechnungen
Aus diesen Beträgen müsste man dann über mehrere Monate oder Jahre ansparen – beispielsweise für ein gebrauchtes Fahrrad.
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Leistungen des Jobcenters
Eine Übernahme der Kosten für ein Fahrrad kann im Einzelfall als Leistung aus dem Vermittlungsbudget (§ 44 SGB III i.V.m. § 16 SGB II) über die Agentur für Arbeit bzw. Jobcenter möglich sein, allerdings nur dann, wenn dies unmittelbar für die Aufnahme einer Beschäftigung oder Ausbildung erforderlich ist und andere kostengünstigere Alternativen nicht ausreichend sind. Dabei handelt es sich jedoch ausdrücklich um Einzelfallentscheidungen, nicht um allgemeine Ansprüche.
Möglich wäre auch die Gewährung eines zinslosen Darlehens für ein Fahrrad nach § 24 Abs. 1 SGB II, wenn ein unabweisbarer Bedarf besteht, der aus eigenen Mitteln nicht gedeckt werden kann.
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