Eine Firma zu gründen, bei schlechter Auftragslage auf ein Gehalt zu verzichten und trotz Guthaben auf den Firmenkonten Bürgergeld zu beantragen: Das funktioniert nur bedingt und schon gar nicht dauerhaft. Maßgeblich ist, wie die Entwicklung des Unternehmens eingeschätzt wird. Das zeigt ein Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts (L 7 AS 33/25 B ER). Das ändert jedoch nichts am Leitsatz: Ein Gehaltsverzicht ist für den Bürgergeld-Anspruch unerheblich, wenn die laufenden Betriebsausgaben durch Guthaben gedeckt sind.
UG gegründet und Bürgergeld beantragt
Der Fall, dessen LSG-Urteil am 7. April 2025 gesprochen wurde, ist ziemlich komplex. Ein Mann, Jahrgang 1968, hatte 2015 eine UG (Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – eine Mini-GmbH) gegründet und sich als alleinigen Geschäftsführer eingesetzt. Irgendwann lief es nicht mehr rund. Deshalb bezogen der Mann und seine Tochter von Mai 2020 bis Januar 2022 Hartz IV, heute Bürgergeld. Ein Folgeantrag wurde abgelehnt.
Firma kauft Wohnung
Auch danach ging es eher holprig weiter, obwohl die UG ein teures Auto und eine Wohnung kaufte, die dann an den Mann vermietet wurde. Die Folge: Am 1. Juli 2024 beantragte der Geschäftsführer Bürgergeld beim Jobcenter. Die Leistungen wurden mangels Hilfsbedürftigkeit zunächst abgelehnt, vom Sozialgericht dann jedoch zugesprochen. Das gleiche Spiel wiederholte sich im Dezember: Dem Weiterbewilligungsantrag wurde mit Verweis auf das Firmenvermögen nicht stattgegeben. Das Sozialgericht Dresden wiederum sah keinen Grund, die Hilfe abzulehnen und entschied, dass vom 3. Januar bis zum 30. Juni 2025 Bürgergeld gezahlt werden muss.
Jobcenter legt Beschwerde ein
Dagegen legte das Jobcenter Beschwerde ein und bekam zumindest teilweise recht. Für den Zeitraum Januar bis April 2025 erachtete das Landessozialgericht die Beschwerde als unbegründet. Für die Monate Mai und Juni hingegen wurde die Beschwerde als begründet eingestuft und damit eine weitere Bürgergeldzahlung abgelehnt, weil der Antragsteller „keinen Anordnungsgrund für einstweilige Leistungen glaubhaft gemacht habe“. Der Mann sei nicht hilfebedürftig. Selbst bei höheren Ausgaben als den prognostizierten würde dies nicht zu einem Insolvenzgrund führen.
Sozialgericht entschied prospektiv
Das Urteil des Sozialgerichts hinsichtlich der Zeit von Januar bis April wertete das LSG aufgrund des Erkenntnisstands zur Zeit der Entscheidung (Januar 2025) als „prospektiv wirkende einstweilige Anordnung“. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Gefahr einer Auflösung der UG noch aufgedrängt. Mit dem jetzigen Wissen zum Vermögen und der Tatsache, dass seit Juli 2024 keine Einnahmen aus einer regulären Geschäftstätigkeit erzielt werden, mahnt das Landessozialgericht an, dass über eine Auflösung nachgedacht werden müsse, wenn die Neuorientierung der Firma nicht gelinge. „Denn Leistungen nach dem SGB II sollen keine Dauerleistungen sein, sondern lediglich der Überbrückung vorübergehender Notlagen dienen“, so die Richter.
Keine Chance für Tricksereien
Damit bestätigt sich die bisherige Rechtsprechung: Schon das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 12 AS 1047/24 B ER) hatte entschieden, dass keine Hilfebedürftigkeit vorliegt, wenn der Geschäftsführer einer selbst gegründeten Firma auf sein Gehalt verzichtet, obwohl das Unternehmen über ausreichend Geldmittel verfügt, um den Lohn zu bezahlen und damit für den Lebensunterhalt zu sorgen.
Titelbild: Ronald Rampsch / shutterstock